Volltext: Österreich-Ungarns Neubau unter Kaiser Franz Joseph I.

Der Wiener Radikalismus und der Hof 
auch hier. Und auch hier gab Pillersdorf nach, wie 
überall. Es war wohl eine der härtesten Krisen, 
die die monarchische Gewalt in diesem Reich zu 
überwinden hatte. Sie gewann ihren Höhepunkt, 
als am 15. Mai Studenten und demokratis ch ge⸗ 
sinnte Bürger in die Hofburg stürmten, wo der 
Ministerrat tagte, und diesem das Zugeständnis 
einer einzigen, nach allgemeinem Wahlrecht zu 
wählenden Kammer abdrangen, die selbst eine 
Verfassung bauen sollte. Die eben erst veröffent⸗ 
lichte wurde zur Regierungsvorlage für die Kon— 
stituante degradiert. 
Es war kein erfreulicher Sieg. Denn das 
Gewaltsame des Vorganges stieß einen guten 
Teil der liberalen Bevölkerung ab und ver— 
scheuchte den Hof, der nach Innsbruck flüchtete. 
Dort machte er eine selbständige, von der Wiener 
Regierung unterschiedene Politik, deren Seele die 
energische Erzherzogin Sophie, unterstützt von 
dem Sekretär ihres Gemahls, Erb, war. Auch ein 
anderer Vertrauensmann, Fürst Windischgrätz, ein 
Hochkonservativer, der im März erfolglos zu schärfe⸗ 
ren Maßregeln geraten hatte, fand jetzt geneigteres 
Gehör, nachdem es ihm gelungen war, einen 
Pfingstaufstand der über Pillersdorfs Verfassung 
empörten slawischen Bevölkerung Prags mit der 
schwachen Garnison niederzuwerfen und damit der 
staatlichen Autorität zu einem ersten Erfolg zu 
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