Volltext: Landschaftskunde des oberen Innviertels [15. Heft] (15. Heft / 1921)

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klber auch in geistiger Hinsicht wircl uns die Landfchafts- 
Kuncle ein wertvoller Förderer. Sie gibt uns kein fertiges, ab 
geschlossenes wissen, dafür zeigt sie uns aber, wie schwierig es 
ist, sich auch nur im kleinen Nahmen, in einer engen Frage 
stellung etwas Fertiges und Sicheres zu erwerben. Mies zu 
wissen vermeint nur der Halbgebildete, und Halbbildung droht 
heute von jeder Schule des Volkes, sei es nun eine Volksschule 
oder eine Volkshochschule, auszugehen. 
In der Landschaftskunde werden wir Schritt für Schritt 
zur Bescheidenheit erzogen: jede Wanderung, jede Beobachtung 
macht uns mit neuen Tatsachen vertraut, fast alltäglich müssen 
wir da in unseren klnschauungen umlernen, das neu Beobachtete 
in das alte Gebäude einreihen, klltes dem Neuen anpassen. 
Kleinigkeiten bringen uns oft zur Ueberzeugung, daß unser 
ganzes Gedankengebäude falsch war, wir müssen umlernen, 
neu ausbauen und das auch oft wieder nur bis zur nächsten 
neuen Beobachtung, die uns nochmals in ein anderes Ge 
leise bringt. 
In der Landschastskunde werden uns aber Gedanken 
näher gebracht, die uns auch im menschlichen Leben Schritt 
aus Schritt begegnen. 
Linmal die Veränderlichkeit der uns umgebenden Welt, 
wie uns wir oft im Laufe kurzer Fristen verändern, teils aus 
einem unbestimmten Drang von innen heraus, teils durch 
äußere Verhältnisse bedingt — ähnlich steht es auch mit den 
Landschaftsbildern. Innere und äußere Kräfte bringen andere 
Formen hervor: wo einst Meeresboden war, führt heute der 
Bauer Mergel auf seine Felder, wo einmal dichter Urwaldbe 
stand war, liegt heute ein friedliches pfarrdorf, von dem nur 
mehr der Name an die alte Geschichte erinnert. 
Ls ist ja vielleicht vom streng philosophischen Standpunkte 
aus nicht möglich, von einer fortschreitenden Lntwicklung der 
einzelnen Landschaftselemente und Landschaftsbilder zu sprechen, 
aber eine lange kette von Veränderungen, die innig miteinander 
zusammenhängen und in wechselseitiger Beziehung stehen, 
sehen wir doch allerorts. 
Und diese wechselseitigen Beziehungen erinnern uns auch 
wieder an das menschliche Leben: auch da folgen Krieg und 
Frieden aufeinander, auch dann gehen alte Formen zugrunde 
und bilden sich neue. Ganz gleich ist es im Landschaftsbilde. 
kluch da sind es oft ganz Kleine Ursachen, die einer Lebens 
gemeinschaft das Lnde bereiten — ein Herabsinken der Tem 
peratur um einige Grade und die Wälder gehen zugrunde, 
mächtige Lismassen bedecken das Land.
	        
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