Volltext: Aschach, Eferding, Waizenkirchen und Umgebung

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selben Platze ein neues Haus aufgeführt (heute das Wößsche 
Gasthaus). 
In nächster Nähe vom Müniwirtshaus nur drei Minuten 
entfernt liegt in östlicher Richtung der neue, im Jahre 1627 erbaute 
Fattingerhof, seit 1781 im Besitze der Familie Helletsgruber. Es 
ist ein stattliches Gehöft, zu dem etwa 100 Joch Gründe gehören. 
Der alte Fattingerhof, das Besitztum Stephan Fattingers, lag unweit 
des heutigen Hofes in einer Mulde. Als vor 50 Jahren Anton 
Helletsgruber die Niederung zu einer Teichanlage vertiefen ließ, 
stieß man beim Graben auf die Trümmer des Hofes und wurden 
alte Küchengeräte, Ziegel und halb verfaultes Holz zutage ge¬ 
fördert.1) 
Der heutige Fattingerhof ist das Geburtshaus des am 
9. September 1903 in Linz verstorbenen Domherrn Anton Hellets¬ 
gruber, eines Priesters, auf den sein Heimatsort mit Recht stolz 
sein kann. 
Helletsgruber wurde am 8. Juli 1839 geboren und zeigte in der Schule 
solchen Lerneifer, daß seine Eltern sich entschlossen, ihn studieren zu lassen. 
Er absolvierte das Gymnasium in Linz und wandte sich dann aus wahrer 
innerlicher Neigung dem priesterlichen Berufe zu. Im August 1862 feierte er 
in seiner Heimatskirche das erste heilige Meßopfer, kam dann 1863 als Koope- 
rator nach Eainbach bei Schärding, 1867 nach Gmunden, wurde dort 1872 
Provisor, kam 1873 als solcher nach Laakirchen, im selben Jahre noch als 
Kooperator nach Innerstoder und 1874 nach Wels. Im Jahre 1875 berief ihn 
Bischof Rudigier als Direktor an das Blindeninstitut, wo er 20 Jahre in höchst 
segensreicher Weise wirkte. Keine Mühe war ihm zu groß, kein Opfer zu 
beschwerlich, wo er der Sache seiner Schützlinge dienen konnte. Er machte 
viele Studienreisen im In- und Auslande, beteiligte sich mit regstem Inter¬ 
esse an den Verhandlungen der allgemeinen Blindenlehrer-Kongresse, studierte 
überall die modernen Einrichtungen zur Fürsorge der Entlassenen und führte 
eine lebhafte Korrespondenz mit der ganzen Blindenwelt. Was er als prak¬ 
tisch und nützlich erkannte, führte er in seinem Institute ein. Für seine rast¬ 
lose Tätigkeit wurde er von der geistlichen Oberbehörde wiederholt belobt 
und ausgezeichnet. In hervorragender Weise hat Helletsgruber sich an den 
Verhandlungen des österreichischen Blindenlehrertages in Prag (1889) und in 
Linz (1890) beteiligt uud wurde kurz nachher von Sr. Majestät mit dem Ritter¬ 
kreuze des Franz Josef-Ordens ausgezeichnet. 1895 wurde Helletsgruber von 
Sr. Majestät zum Domherrn ernannt und schied mit schwerem Herzen von 
dem ihm so lieb gewordenen Institute. Ueber sein Wirken hat damals die 
Zeitschrift „Der Blindenfreund" (Nr. 3, Jahrg. 1896) wie folgt geschrieben: * 
„Niemals hatte sein edles Herz nach einer höheren Würde und Amts¬ 
tätigkeit sich gesehnt — er war in seinem bescheidenen Berufe als Blinden- 
bildner vollends zufrieden und glücklich; und was er seit 20 Jahren für unsere 
unglücklichen Mitbrüder getan, liegt wie ein offenes Buch vor der ganzen 
Welt. Sein Streben ging immer dahin, die Blindenfürsorge in Oberösterreich 
so zu organisieren, daß vor allem jedes blinde Kind dieses Kronlandes im 
Blinden-Erziehungsinstijute eine vollständige Ausbildung erhalte; in zweiter 
*) Nach Strnadts Forschungen steht fest, daß der Fattingersche Besitz 
im Jahre 1628, nachdem die Herrschaft Stauf für sich und die Gläubiger 
Stephan Fattingers ihre Forderungen geltend gemacht hatten, im Verkaufs¬ 
wege an Siegmund Ernprandtner und dessen Hausfrau Margarete überging. 
Das Fattingersche Geschlecht, obwohl in der ganzen Gegend weit verzweigt, 
gelangte nie mehr in den Besitz des Hofes. Herr Schulleiter Johann Fattinger 
in St. Agatha entstammt einer dieser Seitenlinien. Unmittelbare Nachkommen 
von Stephan Fattinger haben sich in Oesterreich nicht erhalten, da Weib 
und Kinder auf ewig aus der Heimat verbannt wurden.
	        
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