Volltext: Schärding [5]

kann auf die Bedeutung dieser künstlerischen Unter- 
nehmung rückgeschloffen werden. 
Alö in der Nacht voin 27. zum 28. August 7703 
General Reventlau Schärding bombardierte, fielen 
auch 2 Bomben, die ausgeleert mehr alö 700 Pfund 
wogen, auf die Pfarrkirche, durchschlugen das Gewölbe 
nnd verursachten dessen Einsturz. Die Pfarrkirche 
zeigte sich nach dieser Katastrophe und auch durch 
die vielen iin Laufe der Jahrhunderte geschehenen 
In- und Umbauten so baufällig, daß sich Bürger 
meister und Rat der Stadt zu einem Neubau ent 
schlossen. Die Größe des Unternehmens verursachte 
natürlich zeitraubende Schwierigkeiten, nrußten doch 
erst iin Anlehewege die notwendigen Baligelder bei 
den Gotteshäusern des Rentamtes Burghansen und 
anderer Rentämter sichergestellt werden. Daß sich 
die Baukünstler ringsum um solch „importantes 
Kirchen- und Turmgebäu" angelegentlichst bewarben, 
bedarf keiner Erwähnung. Bereits im Jahre 7774 
s olizitierte, wie Lamprecht berichtet(ll. S. 7 4), der Schär 
dinger Stadtmaurermeister Georg Köllerüberger 
(7709— ca. 7747 in Schärding tätig) unter Vorlage 
von Zeichnung und Plan die Kirchenadministration, 
es nröchte ihm dieser Bau anvertraut werden. Bereits 
7775 wurde, wie eine Bauinschrift am südlichen 
Seitenportal meldet, das Mauerwerk der alten Georgs 
kirche niedergelegt, aber eö dauerte noch 5 Jahre, bis 
man aus einer wohl großen Anzahl von Konkurrenten 
dem Passauer Domkapitel-Maurermeister Jakob 
Pawagner im Jahre 7720 „mitVerhypothezierung 
all seines Vermögens und Konstituierung zweier 
Bürgen mit Genehmigung des Geistlichen Rats den 
Pfarrkirchenbau übertrug". Pawagner mußte sich 
auch verpflichten, alle nach Vollendung des Kirchen- 
gebäuö innerhalb Jahr und Tag entspringende Schäden 
ohne Entgelt des Gottshauö zu richten^). Jakob 
Pawagner entstammte einem tüchtigen Wiener Maurer 
geschlecht; er wurde am 28. Dezember 7680 zu St. 
Stephan als Sohn jenes Georg Pawagner (Bach 
wagner, Powagner, Powanga etc.) getauft, der bei 
Ant. Canavale in Wien sein Meisterstück geliefert 
hatte und als Mitarbeiter des älteren Fischer von 
5 ) Die Daten zu Baugeschichte sind dem im Hauptstaatsarchiv 
(Abt. Kreisarchiv) München liegende» Geistl. Rats Akt 
I. D. 700/89, betr. die Besehung eines Schärdinger Stadt- 
pfarrers, entnommen, welchem der kunstgeschichtlich bedeutsame 
Akt Nr. 2776 betr. „Den Magistrat zu Schärding wegen 
Abschreibung 76074 fl Kirchengelder zu dasigen durch den 
Passauischen Baumeister Pawanger unglücklich geführten Pfarr- 
gotteshausbau äs anno 7757" beiliegt. 
Erlach beim Bau des alten Rathauses in Wien von 
Albert Jlg genannt wird^). Jakob Pawagner war 
spätestens bereits vor 7770 in Passau als Donr- 
kapitelmaurermeister tätig und wenn er in seinem 
Gesuch vonr Mai 7723, welches seiner Ernennung 
zum Titularhofbaumeifter vorausging, anführt, daß 
er „seine Baukunst von den vornehmsten Meistern 
erlernt" habe, so ist nicht zu zweifeln, daß er dein 
großen Kreis der Hilfsarbeiter der großen Barock 
baukünstler Fischer von Erlach und Lukas von Hilde 
brandt und anderer Wiener Meister nicht ferne stand. 
Jedenfalls konnte er zur Zeit, alö er in der Kon- 
k'urrenz um den Schärdinger Bau obsiegte, bereits 
auf eine achtbare Reihe von Bauschöpfungen ver 
weisen, so ans die Barockisierung der Klosterkirche 
in S7. Nikola (7772), auf die Erbauung des Pome 
ranzenhauses in Hacklberg nächst Passau, der Lam- 
bergkapelle im Passauer Domkreuzgang (7770), des 
Altars in der Passauer Jesuitenkirche (1712), sowie 
aus Bauleistungen zu Straßkirchen, Wegscheid, Kel- 
heim, dann auf den Gottöhauöbau in Hofkirchen a. d. 
Trattnach (1712 —15), auf den Turmbau in Obern 
berg am Inn, auf Bauten in Pfarrkirchen ün Land, 
Waldkirchen etc. etc. * 7 ) In allen seinen Bauten, bei 
denen der große österreichische Klosterbaumeifter Jakob 
Prandauer einen gewissen Eklektizismus, wohl nicht 
ganz zu Unrecht, bemängelt, erweist sich klar der 
Schulzusaminenhang mit dem Wiener Barock, auch 
der künstlerische Einfluß des kurz vollendeten Passauer 
Dombaus, wie diesen besonders Pawagners meister 
hafte Barockisierung des Langhauses der Klosterkirche 
in Niederaltaich zeigt. 
Pawagner baute in Schärding wohl die ganzen Jahre 
7720 und 7727; der Bau war soweit gediehen, daß 
damals zur Vollendung des mehr denn 37390 fl er 
fordernden Baues nur mehr „nach der justifi- 
cabl und nach Bauarts vollkommener Erfahrenheit 
erfolgten Schätzung, in Anhoffung der durch die Ge 
meinde erfolgenden freiwilligen Fuhren 7870 fl 70 kr 
zur Vollstreckung des Gebäus erforderlich" waren, 
woraus geschlossen werden muß, daß Pawagner den 
Bau bis nahe zur Einwölbung führte und daher 
Grundrißlösung und Raumdissposition 
auf ihn zurückzuführen sind. Damit ist auch 
erklärt, daß der Kirchenraum in seiner Hellen Weit- 
räumigkeit und klassisch strengen Gliederung durch 
0) Taufbuch von St. Stephan in Wien ex 7680 Pag. 245; 
Albert Jlg „Joh. Bernhard Fischer von Erlach d. Ae." 
7 ) A. L. Rep. CXlll-S Fase. 4 Nr. 27.
	        
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