Volltext: Schärding [5]

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erster Instanz brauchte tüchtige Künstler und Kunst 
handwerker auch alö Sachverständige und Be 
gutachter au seinem Amtssitz. Ereignete sich innerhalb 
des Landgerichts irgend ein Baufall, brannte eine 
Kirche ab, neigte ein Altar oder eine Kanzel zum 
Einsturz u. f. f., da beauftragte der Landrichter die 
Meister seines Gerichts den Lokalaugenschein vorzu 
nehmen, Riste für die nötigen Arbeiten und Vor 
anschläge auszuarbeiten und erlangte so die nötigen 
Unterlagen für seine meist im Wege der Regierung 
an den Geistlichen Rat geleiteten Anträge. Die Re 
gierring leitete diese Anträge dann entweder unmittel- 
bar an den Geistlichen Rat weiter oder ordnete durch 
Sachverständige am Sitze der Regierung oder, wie 
man sie nannte, durch „unparteiische Werkleute" der 
benachbarten Landgerichtöstadt (für Schärding kamen 
meist die Braunauer Werkleute in Betracht) eine 
Überprüfung der Voranschläge und Pläne an, um 
wie inan meinte, „sowohl die Unkosten zu menagieren 
(verringern) als auch die pastenden guten inlän 
dischen wohlerfahrenen Künstler- und Werkleute 
ausfindig zu machen." Dabei ging eö freilich oft 
nicht ohne Protektion her und besonders die Burg- 
hailsener Regierung pflegte mit Vorliebe die Burg- 
hausener Werkleute vorzuschieben, wie überhaupt der 
Geistliche Rat rügte, „daß keine andere Regierung 
so viele nicht approbierliche passus machet als eben 
die zu Burghausen, indem man, wenn ein Kirchen 
bau auskomme, gleich kostbare commissiones ex 
gremio (natürlich unter Beiziehung der Burghausener 
Meister) ad locum verordne, waö unnötig und von 
dem Pflegbeamten besorgt werden könnte" etc?) 
Im allgemeinen war eS jedoch die aus Billigkeits 
gründen festgelegte Übung, denjenigen Meister, der 
zuerst vom Landrichter herangezogen wurde und sich 
meist kostenlos der Verwaltungsbehörde zur Verfügung 
gestellt hatte, auch bei der endgültigen Erteilung des 
Auftrags zu bevorzugen. Um die Meister der ein 
zelnen Land- und Pfleggerichtsorte in ihrer Existenz 
zu stützen, waren ihnen fast immer die in diesem 
Gericht vorkommenden Kirchenarbeiten, und das 
waren ja gut 90 von lOO aller künstlerischen Auf 
träge, vorbehalten und in einem kurfürstlichen Gene 
rale (Normativerlaß) vom 28. März 1670 war die 
wohl schon lange vorher bestehende Übung sogar ge 
setzlich festgelegt, daß bei „vorfallenden Kirchenge- 
bäuen vor allem auf die Inländer und hauöange- 
sessenen Werkleute reflektiert werden" müsse. Aus 
ländische Meister durften nur dann verwendet wer 
den, wenn brauchbare inländische Meister nicht zur 
Hand waren. Aber auch sonst war der ortsansässige 
Meister geschützt, indem die kurbayrische Landeöpoli- 
zeiordnung ausdrücklich bestimmte, daß kein Hand- 
werk'Smann oder Künstler dem andern seine Arbeit 
„abspannen" dürfe. Diese Bestimmungen bedeuteten 
natürlich einen starken Schutz für den bodenständigen 
Meister und wir dürfen bei Anwendung deö terri 
torialen Entwicklungsgesetzes im bayrischen Kunst 
leben den Schluß ziehen, daß, wenn wir namenlose 
Werke der Kunst und deö Kunsthandwerks irgend 
wo im bairischen Land bewundern und nach ihrem 
Meister fragen, wir im voraus sicher sein können, 
daß wir ihn in den ineisten Fällen inr Kreise der 
ortöansäßigen Meister innerhalb deö Landgerichts 
bezirks, zumindest aber innerhalb deö zuständigen 
Rentamts zu suchen haben. Zuweisungen an aus 
ländische, weitentfernte, zufällig durch die Forschung 
bekannt gewordene Meister, wie sie bei der unge 
nügenden Kenntnis des heimatlichen Kunstbetriebs 
so oft versucht werden, erweisen sich fast regelmäßig 
alö Irrtümer. Verzeichnisse der Künstler deö Land 
gerichts eventuell der zuständigen Regierungsstadt, 
welche mit Hilfe derBürgerbücher,Pfarrbücher, Kirchen- 
rechnungen des Landgerichts und der Geistlichen Ratö- 
Akten nreist rekonstruierbar sind, werden, verbunden 
mit strenger Stilanalyse auö dem heute zahllosen 
namenlosen Kunstgut der Heimat sehr bald lebendige 
Heimatgeschichte und eine recht beträchtliche Bereiche 
rung der großen deutschen Kunstgeschichte erstehen 
lassen. Der heimatkundlichen Kunstgeschichte als eben 
bürtiger Schwester der übernationalen allgeineinen 
Kunstforschung steht ein weites Feld offen. Natürlich 
ergibt sich auö der Durchforschung derKirchenrechnungen 
von selbst, daß sich die Ansässigkeit der Künstler und 
Kunsthandwerker nicht auf den Landgerichtsort be 
schränkte, vor allem in den Märkten ttrtb Hofmarken 
finden wir da und dort Kunsthandwerker sitzen, wie wir 
z. B. in der Nachbarschaft Schärdings, in Hartkirchen, 
stets einen Schreiner und Maler, oder in der Nachbar 
schaft der Amtsstadt Griesbach, in Rotthalmünster, 
stets einen oft hochstehenden Maurermeister, Kunst 
schreiner, Maler und Schlosser ansässig finden. Der Bild 
hauer und Kunstmaler war allerdings in den »reisten 
Fällen der Landgerichtsstadt vorbehalten, wenn auch 
wieder der Markt Kösslarn in dem Stukkbildhauer 
Johann Baptist M o d l e r den bedeutendsten deutschen 
Künstler dieses Fachs im 18. Jahrhundert beherbergte. 
In Städten und Hofmarken übten übrigens die Tätig-
	        
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