Volltext: Vom Attentat in Sarajevo bis zum Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin (1 / 1919)

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An diese Vorbesprechung 'anschließend findet ein Ministerrat 
statt, der sich heute ausschließlich mit dem in Bosnien und der 
Herzegowina zu ergreifenden Maßnahmen innerpolitischer Natur be¬ 
fassen wird. 
Tschirschky 
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Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt1 
Telegramm 84 Wien, den 8. Juli 19142 
Geheim! 
Nach Schluß des gestrigen offiziellen Ministerrats hat daran an¬ 
schließend eine Besprechung über die Serbien gegenüber einzunehmende 
Haltung stattgefunden, wobei den bei der Vorbesprechung, zu der 
ich zugezogen war, nicht anwesenden Ministern in großen Zügen 
von der von Sr. M. unserem Allergnädigsten Herrn eingetroffenen 
Antwort Kenntnis gegeben wurde. 
Es haben sich dabei in bezug auf das Vorgehen gegen Serbien 
zwei Strömungen geltend gemacht. Die eine, diejenige des Grafen 
Berchtold und des Auswärtigen Ministeriums, will den Anlaß des 
Vorgehens direkt aus der durch die gesamte serbische Politik und 
deren in dem letzten Attentat gipfelnden Wühlereien gegenüber der 
Monarchie geschaffenen Lage herleiten, während die andere, vom 
Grafen Tisza vertretendes für erforderlich hält, zunächst konkrete 
Forderungen an Serbien zu stellen. Ich habe den Eindruck, daß 
Graf Berchtold den Grafen Tisza als retardierendes Element be¬ 
trachtet3. Letzterer will seinen Standpunkt noch in einem Memo¬ 
randum nieder legen, welches Graf Berchtold erst heute abend kurz 
vor seiner Abreise nach Ischl erhalten wird. Graf Berchtold meinte, 
er würde seinem Kaiser, falls sich dieser der Ansicht anschließen 
sollte, daß zunächst Forderungen an Serbien zu stellen seien, jeden¬ 
falls raten, die Forderungen so einzurichten, daß deren Annahme 
ausgeschlossen erscheint. 
| : Graf Berchtold bemerkte noch ganz geheim, daß nach Ehr. Con¬ 
rad von Hötzendorf 16 Tage für die Mobilmachung gerechnet werden 
müßten. Der Generalstabschef hat, wie Graf Berchtold mir sagt, 
1 Nach der Entzifferung. 
8 Aufgegeben in Wien, den 8. Juli 8* 10 nachm., angekommen im .Auswärtigen 
Amt io40 nachm. Eingangsvermerk: 9. Juli vorm. Am 9. Juli durch Jagow 
nach Vornahme einiger Kürzungen, telegraphisch dem Kaiser und dem 
Reichskanzler mitgeteilt, zum Haupttelegraphenamt i25 nachm. 
ä Satz »Ich habe — betrachtet« fehlt in Jagows Telegrammen an Kaiser 
und Reichskanzler.
	        
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