Volltext: Vom Attentat in Sarajevo bis zum Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin (1 / 1919)

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Nr. 212 
Der Botschafter in Wien an das Auswärtige Amt1 
Telegramm 106 Wien, den 26. Juli 19141 2 
Herzog von Avarna hat gestern hier im Aufträge seiner 
Regierung eine Erklärung in nachstehendem Sinne abgegeben. 
Italien müsse sich selbst bei provisorischer Besetzung serbischen 
Gebiets sein Recht auf Kompensationen im Sinne des Artikels 7 
Vorbehalten. Im übrigen beabsichtigt die italienische Regierung 
in dem eventuellen bewaffneten Konflikt zwischen Österreich- 
Ungarn und Serbien eine freundschaftliche und den Bündnis¬ 
pflichten entsprechende Haltung der Monarchie gegenüber einzu¬ 
nehmen. 
Graf Berchtold begrüßte diese Erklärung Italiens, bemerkte 
aber, daß man kriegerische Operationen auf serbischem Gebiet 
selbstverständlich nicht als provisorische Besetzung ansehen könne. 
Den ganzen Komplex der mit den italienischen Kompensations¬ 
fordeiungen zusammenhängenden Fragen erörtere ich fortlaufend 
mit Baron Macchio und Graf Berchtold und darf mir demnächstige 
Berichterstattung Vorbehalten. Ich bemühe mich dabei in erster 
Linie, die hiesigen Stellen dazu zu bringen, die nutzlosen 
theoretischen Erörterungen über Interpretation des Artikels 7 fallen 
zu lassen, wobei mich General Freiherr Conrad von Hötzendorf, in 
dessen Gegenwart ich heute wieder mit Graf Berchtold die Ange¬ 
legenheit eingehend besprach, unterstützte. Ich betonte, daß es 
darauf ankommt, einen praktisch gangbaren Weg zu finden, zumal 
es keinem Zweifel unterliegt, daß Italien gegebenenfalls doch mit 
Kompensationsforderungen kommen werde. Graf Berchtold ver¬ 
hielt sich nicht ablehnend, meint aber, die Italiener hätten bereits 
vorweg durch die Besetzung der Inseln, die, mit Ausnahme von 
Rhodos und den ganz dicht daran liegenden Inseln, im Ägäischen 
Meer lägen, eine Kompensation in Händen. 
Tschirschky 
1 Nach der Entzifferung. 
2 Aufgegeben in Wien 460 nachm., angekommen im Auswärtigen Amt 
615 nachm. Eingangsvermerk: 26. Juli nachm. Am 26. Juli von Jagow 
nach Vornahme kleiner Änderungen und mit Fortlassung des Satzes: 
»zumal es keinem kommen werde«, telegraphisch dem Botschafter 
in Rom mitgeteilt, 27. Juli i250 vorm. zum Haupttelegraphenamt.
	        
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