Volltext: Vom Attentat in Sarajevo bis zum Eintreffen der serbischen Antwortnote in Berlin (1 / 1919)

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Nr. 58 
Der Reichskanzler an den Staatssekretär für Elsaß- 
Lothringen 1 
Hohenfinow, den 16. Juli 19141 2 
Lieber Graf Roedern! 
Sie werden schon aus der Lektüre der Zeitungen ersehen haben, 
daß die europäische Lage zur Zeit nicht frei von Gefahren ist. Im 
Falle eines österreichisch-serbischen Konflikts kommt es vor allem 
darauf an, diese Auseinandersetzung zu isolieren. Wir haben Grund 
anzunehmen und müssen wünschen, daß das zur Zeit mit allerlei 
Sorgen belastete Frankreich alles tun wird, um Rußland von einem 
Eingreifen abzuhalten. Diese Aufgabe wird den heutigen Macht¬ 
habern in Paris wesentlich erleichtert werden, wenn die französischen 
Nationalisten in den nächsten Wochen keinen Agitationsstoff zur 
Ausbeutung erhalten; ich habe deshalb in Berlin veranlaßt, daß 
jede Preßpolemik mit Frankreich für die nächsten Wochen nach 
Möglichkeit abgestoppt wird, und möchte Sie bitten, in Straßburg 
ein gleiches zu tun. Es würde sich auch empfehlen, etwa dort 
geplante administrative Maßnahmen, die in Frankreich agitatorisch 
auf gegriffen werden könnten, um einige Wochen zu verschieben. 
Wenn es uns gelingt, Frankreich nicht nur selbst stille zu halten, 
sondern auch in Petersburg zum Frieden mahnen zu lassen, so wird 
das eine für uns recht günstige Rückwirkung auf das französisch¬ 
russische Bündnis haben3. 
Mit herzlichen Grüßen Ihr sehr ergebener 
v. Bethmann Hollweg 
1 Nach dem Konzept. Im Entwurf geschrieben vom ständigen Hilfsarbeiter 
im Auswärtigen Amt Legationsrat Dr. Riezler. 
2 Abgegangen am 16. Juli. 
3 Siehe Nr. 232.
	        
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