Volltext: Deutschland und Europa

Nr. 9. 
Vertrag zwischen dem Deutschen Reiche nnd China wegen 
Überlassung von Kiantschon. Vom 6. März 1898.x) 
Nachdem nunmehr die Vorfälle bei der Mission in der Präfektur Tsao 
chou fu in Shantung ihre Erledigung gefunden haben, hält es die Kaiser¬ 
lich chinesische Regierung für angezeigt, ihre dankbare Anerkennung für 
die ihr seither von Deutschland bewiesene Freundschaft noch besonders 
zu bethätigen. Es haben daher die Kaiserlich deutsche und die Kaiserlich 
chinesische Regierung, durchdrungen von dem gleichmäßigen und gegen¬ 
seitigen Wunsche, die freundschaftlichen Bande beider Länder zu kräf¬ 
tigen und die wirtschaftlichen und Handelsbeziehungen der Untertanen 
beider Staaten miteinander weiter zu entwickeln, nachstehende Separat¬ 
konvention abgeschlossen: 
Artikel I. Seine Majestät der Kaiser von China, von der Absicht geleitet, 
die freundschaftlichen Beziehungen zwischen China und Deutschland zu 
kräftigen und zugleich die militärische Bereitschaft des Chinesischen Rei¬ 
ches zu stärken, verspricht, indem Er Sich die Souveränität in einer Zone 
von 50 km (100 chinesische Li) im Umkreise von der Kiautschou-Bucht bei 
Hochwasserstand vorbehält, in dieser Zone den freien Durchmarsch deut¬ 
scher Truppen zu jeder Zeit zu gestatten, sowie daselbst keinerlei Ma߬ 
nahmen oder Anordnungen ohne vorgehende Zustimmung der deutschen 
Regierung zu treffen und insbesondere einer etwa erforderlich werdenden: 
Regulierung der Wasserläufe kein Hinderniß entgegenzusetzen. Seine Ma¬ 
jestät der Kaiser von China behält Sich hierbei vor, in jener Zone im Ein¬ 
vernehmen mit der deutschen Regierung Truppen zu stationieren sowie 
andere militärische .Maßregeln zu treffen. 
Artikel II. In der Absicht, den berechtigten Wunsch Seiner Majestät 
des Deutschen Kaisers zu erfüllen, daß Deutschland gleich anderen Mäch¬ 
ten einen Platz an der chinesischen Küste innehaben möge für die Aus¬ 
besserung und Ausrüstung von Schiffen, für die Niederlegung von Mate¬ 
rialien und Vorräthen für dieselben, sowie für sonstige dazu gehörende 
Einrichtungen, überläßt Seine Majestät der Kaiser von China beide Seiten 
des Eingangs der Bucht von Kiautschou pachtweise, vorläufig auf 99 Jahre, 
an Deutschland. Deutschland übernimmt es, in gelegener Zeit auf dem 
!) Aus der Denkschrift: Die deutsche Koloniar-Gesetzgebung. 4. Theil 1898 
bis 1899. Von Dr. Alfred Zimmermann, Legationsrat.—Ernst SiegfriedMittler u. 
Sohn, Berlin 1900. S. 163. 
183
	        
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