Volltext: Das oberösterreichische Landesarchiv im Bilde der Entwicklung des heimatlichen Schriftwesens

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daher schon von diesem Gesichtspunkte aus den Wert der schriftlichen Ueber- 
lieferung und der Geschichtswissenschaft wieder zu schätzen. Die neue Geistes 
richtung des Humanismus fand in den Ordenshäusern um so leichter Eingang, als 
ihr die Reform bereits vorgearbeitet hatte 35 . Bisher waren die Klosterarchive nur 
von Mitgliedern der eigenen Konvente meist nur für praktische Zwecke und nur 
ausnahmsweise für geschichtliche Studien benützt worden. Jetzt tritt eine neue 
Erscheinung auf, der wandernde Geschichtsforscher, der sich auf verschiedenen 
Reisen Material für seine wissenschaftlichen Werke verschafft. Unter ihnen ver 
dient vor allem der „Vater der bayrischen Geschichte“ Aventin eine Erwähnung, 
der sein Leben historischen Studien widmete und auch eine Chronik des Klosters 
Ranshofen verfaßt hat 36 . Weiterhin haben die Humanisten Bruschius 37 und Wolf 
gang Lazius 38 oberösterreichische Klosterarchive benützt. 
Wie man schon aus diesen Beispielen sieht, war die Bildung in den welt 
lichen Kreisen mächtig gefördert worden. Die Gründung von Universitäten und 
namentlich die Erfindung der Buchdruckerkunst hatten diese Veränderung hervor 
gebracht. Das Eindringen des römischen Rechtes war überdies durch den Besuch 
der italienischen Hochschulen erleichtert worden. In deren Listen finden wir schon 
damals die vornehmsten Geschlechter unseres Landes vertreten 39 . Die im Jahre 
1490 erfolgte Einführung des schriftlichen Verfahrens im Gerichtswesen ist bereits 
als ein Vorbote des fremden Rechtes zu bezeichnen 40 ; dessen Wirksamkeit ver 
spürt man schon deutlich unter Maximilian I. in den Versuchen zur Abfassung 
einer Landgerichtsordnung 41 . 
In der Persönlichkeit dieses Herrschers fanden die damaligen Geistesströmun 
gen ihren vollendetsten Ausdruck. Durch seine großartige Verwaltungsorganisation 
wurde er der Begründer des österreichischen Archivwesens, dessen Wert er so 
wohl als Staatsmann als auch als Freund der Humanisten zu würdigen wußte. 
Durch seine Sorge für eine feuersichere und geordnete Verwahrung der Urkunden 
und Kanzleibücher in gewölbten Räumen und durch Erlassung von Dienstesvor 
schriften für die von ihm angestellten Registratoren und Buchhalter wirkte er 
richtunggebend für die Zukunft. 
Maximilian erfordert auch von anderem Gesichtspunkte aus unser vollstes 
Interesse. Wie wir gleich sehen werden, verdankt ihm Oberösterreich seine Selb 
ständigkeit als Landschaft. 
35 Näheres bei Zibermayr I., Die Legation des Kardinals Nikolaus Cusanus und die 
Ordensreform in der Kirchenprovinz Salzburg, Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, 
Heft 29, S. 100—103. 
36 Joh. Turmairs genannt Aventinus sämtliche Werke 1, S. 60. 
37 Horawitz A., Caspar Bruschius S. 158. 
38 Pösinger B., Die Stiftungsurkunde des Klosters Kremsmünster, 59. Programm des 
dortigen Stiftsgymnasiums S. 8; vgl. Mayr M., Wolfgang Lazius als Geschichtsschreiber 
Oesterreichs S. 68. 
39 Luschin-Ebengreuth A., Oesterreicher an italienischen Universitäten zur Zeit der 
Rezeption des römischen Rechtes, Blätter des Vereines für Landeskunde von Niederöster 
reich 15, S. 97, 105, 263; Stülz J., Zur Geschichte der Herren und Grafen von Schaunberg, 
Sonderabdruck aus dem 12. Band der Denkschriften der Wiener Akademie der Wissen 
schaften, S. 74 f. 
40 Strnadt J., Materialien zur Geschichte der Entwicklung der Gerichtsverfassung und 
des Verfahrens in den alten Vierteln des Landes ob der Enns, Archiv für österreichische 
Geschichte 97/1, S. 185 f. 
41 Landesarchiv, Annalen 1, fol. 162’, 238 f, Von einer Geltung der niederösterreichi 
schen Landgerichtsordnung im Lande ob der Enns, wie Strnadt, Materialien S. 190 ff. an 
nimmt, kann nach den folgenden Ausführungen in dieser Zeit nicht mehr die Rede sein; 
sie schwebte nur mehr als Muster vor. Vgl. noch Luschin a. a. O. 16, S. 262 und dessen 
Geschichte des älteren Gerichtswesens in Oesterreich ob und unter der Enns S. 282 Anm.
	        
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