Volltext: Erinnerungen des Kronprinzen Wilhelm

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Unvergängliche begräbt, das an die dreißig Jahre der 
Regierungszeit meines Vaters gebunden ist. 
Ich selbst glaube mich leidlich frei zu wissen von Blind 
heit gegen Fehler, die in den letzten Jahrzehnten an 
hoher Stelle unseres deutschen Vaterlandes unterliefen, 
und vielleicht geben diese Blätter da und dort Zeug 
nis von meinem Willen» klar zu sehen und über das 
Erkannte offen zu sprechen. Daß nach meiner Ansicht 
vieles, was heute von der allgemeinen Meinung dem 
Schuldkonko des Kaisers zugeschrieben wird, vielmehr 
dem unglücklichen Wirken ungeeigneter Ratgeber zur 
Last zu legen wäre, ist an anderer Stelle schon ausgespro 
chen. Bei all dem aber würden diese Aufzeichnungen ein 
nur einseitiges Bild meiner Auffassung von dem Wirken 
meines Vaters geben, wenn sie nicht auch ausdrücklich 
feststellten, daß ich mich keinem von den großen persön 
lichen Verdiensten verschließe, die er sich um das Empor 
blühen des Reiches erworben hat. 
Diese Verdienste reichen zurück bis in seine Prinzen 
zeit. Die Armee war in den Jahren nach dem Kriege 
70/71 in einen Zustand der Sättigung und des Still 
standes geraten. Das Ofsizierkorps war zum Teil über 
altert, man wollte die im Kriege bewährten Männer 
nicht verabschieden und verhielt sich Neuerungen gegen 
über im allgemeinen sehr zurückhaltend. Die erprobten 
Grundsätze, nach denen man den Krieg mit Frankreich 
gewonnen hakte, sollten möglichst unberührt bleiben. Da 
war es ein zweifelloses Verdienst des damals noch jungen 
Prinzen Wilhelm, daß er die in diesem Stillstand ruhen 
den Gefahren rechtzeitig erkannte. Er setzte seine ganze 
Persönlichkeit für eine zeitgemäße Umgestaltung derAus-
	        
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