Volltext: Erinnerungen des Kronprinzen Wilhelm

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unterbrochen, so daß man richtig abgeschnitten ist von 
aller Welt. 
Und die letzten Nachrichten vom Krankenbette meiner 
lieben Mutter so bitter trübe, daß man alles befürchten 
muß. Denk' ich daran, so drängt sich mir wie ein Gebet 
der Gedanke auf: Vicht jetzt — in diesen Tagen nicht! — 
Um drei Uhr, spätestens um vier Uhr ist es dunkle 
Vacht. Dann sitze ich neben dem kleinen Eisenofen bei der 
Petroleumlampe vor den Büchern, vor den Papieren. 
Wenn ich das Büchergestell mit den Bänden über 
schaue: Was habe ich nicht alles gelesen und durch 
geackert in den beiden Jahren! Mehr als in den sechs 
unddreißig anderen, die vorhergegangen sind. 
AAährend des Krieges waren mein A.O.K. 5 und 
meine Heeresgruppe oft das Ziel für Besucher aus der 
Heimat und aus dem neutralen Auslande. Von einigen 
dieser Besuche sei hier kurz gesprochen. — 
Die deutschen Bundessürsten kamen häusig, um ihre 
Truppen zu sehen, und mit manch einem von ihnen 
konnte ich eingehende Gespräche über die Gesamtlage 
und über die Verhältnisse in der Heimat führen; häusig 
genug gingen ihre Mahnungen dahin, jede irgend mög 
liche Gelegenheit zur Verständigung mit den Gegnern 
zu suchen, und ich teilte diesen Gedanken durchaus mit 
ihnen. Es ist sehr zu bedauern, daß die deutschen Bun 
dessürsten nicht öfter von der Reichsleitung gehört 
wurden, viele von ihnen haben das Unglück sehr wohl 
kommen sehen. Der bundesstaatliche Charakter des 
Deutschen Reiches, den Bismarck stets ängstlich hütete, 
war leider in den letzten fünfzehn Jahren allzusehr in
	        
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