Volltext: Erinnerungen des Kronprinzen Wilhelm

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die immer peinlicher gewordene Abhängigkeit unserer 
äußeren Politik in allen Ostfragen von den Ideen des 
Wiener Ballplatzes nur mit großem Mißbehagen be 
obachtet hatte, stiegen angesichts der Ausführungen des 
Erzherzogs schwere Bedenken mit Hinblick aus diese Ver 
schiebung unseres politischen Augenpunktes von Berlin 
nach Wien auf— und diese Bedenken, die ich von da 
ab immer wieder sowohl im Auswärtigen Amte wie 
vor einzelnen Vertretern unseres diplomatischen Dienstes 
rückhaltlos, leider aber ohne Erfolg zum Ausdruck ge 
bracht habe, sind feit jenem Tage in mir nicht mehr zur 
Ruhe gekommen. Die schon vom Fürsten Bismarck in 
seinen letzten Auszeichnungen mit banger Voraussicht 
ausgesprochene Sorge, daß das Reich eines Tages in 
eine verhängnisvolle Abhängigkeit von der überlegenen 
Diplomatie Österreich-Ungarns gelangen könnte, schien 
mir längst ihre bedrohliche Erfüllung gesunden zu haben. 
Und damals, im Wiener Belvedere, unter den merk 
würdig suggestiven Worten des gefährlich ehrgeizigen 
und keineswegs zu einer bescheidenen Rolle gewillten 
Mannes, der so klug wie.rücksichtslos war, hat mich 
das bestimmte Gefühl, daß wir infolge dieser schon zu 
weit gediehenen Abhängigkeit eines nahen oder fernen 
Tages in einem zur höheren Ehre der österreichisch- 
ungarischen Hausmacht forcierten Konflikte zu Vor 
spanndiensten herangezogen werden könnten, unmittel 
bar angeweht: Hier streckte der Erzherzog vorsichtig 
seine Taster vor, entwickelte Gedanken, deren Wirkung 
auf mich ihn erkennen lassen sollte, was er von mir er 
warten durfte. — Das Schicksal hat dem an sich zweifel 
los bedeutenden Manne das Spiel aus den Händen
	        
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