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tholischen Glauben für fälschlich evangelisch und ver
abscheuungswürdig erklärten. Die andern Städte folg
ten diesem Beispiele noch nicht, und zu St. Polten
nahm der Ungehorsam der Bürger gegen die landes
fürstlichen Religionsverordnungen dergestalt zu, daß
der Kaiser im August 1604 ausdrücklich befahl, diese
Stadt vom Lutherthume zu reinigen. Zu diesem Ende
erschien noch in demselben Jahre Klesel daselbst, und
brachte es durch Predigten und Unterredungen mit je
dem Einzelnen dahin , daß alle der katholischen Re
ligion anhängen zu wollen versprachen. Doch dieses
Versprechen war nur erheuchelt. Nach Klesels Abzug
fröhnten die meisten, wie vorher, dem Lutherthume,
und erst den Jesuiten unter Ferdinand II. war es
vorbehalten, St. Pölten wieder katholisch zu machen.
§• 728. Beschickung der protestantischen Reichsfürstenhöfe durch
die Oesterreichischen Lutherischen Edelleute.
Weil die katholischen Ständeglieder die ihnen
von den protestantischen entrissenen Pfarren, Filia
len, Zehente u. dgl. auf dem Rechtswege bishernicht
leicht zurück erlangen konnten, indem so viele Ge
richtsbeamte und Advokaten noch Lutherisch waren, so
hatte der Kaiser im I. 1598 befohlen, daß die über
dergleichen Besitzungen in Streit gerathenen Partheien
die zum Erweise des Besitzes dienlichen Urkunden zur
Entscheidung der Prozesse nach Hof schicken sollten.
Da natürlich nur die Katholicken, denen jene Besi
tzungen gehörten, dergleichen Urkunden vorweisen
konnten, so mußten die Protestanten während den