Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

An der Assasch lucht 
(16. Juni bis 17. September 1918) 
Skizze 35 
Einstellen der Offensive 
An eine Wiederaufnahme des Angriffes von Afiago war nicht mehr zu denken. 
Persönliche Besprechungen des Kaisers mit FM. Conrad führten zu diesem Ent¬ 
schlüsse. Auch zwischen Brenta und Piave war der physische Krastvevbrauch und die 
moralische Einbuße keine geringe. Noch hoffte die Heeresleitung auf die am Piave 
kämpfende Streitmacht. Aber auch hier zerrann die Offensive. Der Wettergott hatte 
sich ganz und gar auf die Feindesseite gestellt. Hinter den aus dem Westufer des 
Piave kämpfenden öst.-ung. Truppen rissen die hohen Fluten des wilden Stroms 
Brücken und Stege immer wieder ab. So waren die Kämpfer auf dem rechten 
Piaveuser von ihren Reserven und von ihrer Nachschubbasis zeitweise zur Gänze 
abgeschnitten. Der Feind hatte aber die Gunst des Augenblicks genutzt. Während 
er die Gsbirgsfront durch Vorstöße zu fesseln trachtete, warf er zahlreiche Reserven 
an die Piavefront. Am 20. Juni war gegenüber den etwa 14 öst.-ung. Divisionen 
die feindliche Kraft bereits auf 28 italienische Infanterie- und 2 Kavalleriedivisionen 
angewachsen. 
FM. Boroevic, der Führer der Heeresgruppe an der Piavefront, sprach sich am 
20. Juni früh in einem Berichte über die Lage aus: 
„Das Versagen der 11. Armee und die geringen Fortschritte der eigenen Heeresgruppe, 
welche in erster Linie durch Entkräftung des Menschenmaterials infolge monatelanger Unter¬ 
ernährung hervorgerufen sind, bieten dermalen der Fortsetzung der Offensive gegen die Brenta 
wenig Aussicht. Der Raumgewinn, den die Ifonzo- und die 6. Armee bisher erzielten, ist so 
klein, daß infolge der Nähe des tückischen Piave und des Umstandes, daß der Gegner täglich 
stärker, wir immer schwächer werden, die Armeen, welche keine Reserven haben, bei den 
geringsten Zwischenfällen in Katastrophen verwickelt werden können." 
Anschließend stellte der Feldmarschall den Antrag aus Zurücknahme der Isonzo- 
und der 6. Armee hinter den Piave. 
Den ganzen Tag über rangen der Kaiser und seine verantwortlichen Ratgeber 
mit dem Entschlüsse — vor allem aus Sorge ob des niederschmetternden Eindruckes, 
den die Heimat empfangen mußte. Erst um 7 Uhr abends empfing Boroeviö die 
Weisung zur Räumung des westlichen Piaveufers. 
Nachhaltig wirkte der unglückliche Kampfverlauf auf die Wehrmacht, weit ein¬ 
dringlicher noch auf die Stimmung der Heimat und der Völker. 
Der Ausgang der Schlacht, die auch im Ententelager als Eingeständnis der 
Niederlage gewertete Räumung des Piaveufers, hatte alle Hoffnungen zerschlagen, 
um so mehr, als die Schlacht nur durch das Aufgebot letzter physischer und mora¬ 
lischer Kräfte ermöglicht worden war. Das Vertrauen in die oberste Führung des 
Heeres war schwer erschüttert, da die Ursache des Mißerfolges offensichtlich nicht 
in dem Versagen der Truppe lag. Darin lag das Ergebnis der verlorenen Schlacht 
innerhalb des Heeres. 
„Der Kaiser erwog anfänglich, die beiden an der Front befehligenden Marschälle der 
allgemeinen Mißstimmung zum Opfer zu bringen und auch den Generalstabschef, der übrigens 
selbst wiederholt seine Demission gab, durch eine andere Persönlichkeit zu ersetzen. Schließlich 
wurde — auch dies hauptsächlich aus parlamentarischen Gründen — nur Conrad v. Hötzendors 
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