erwartete, als der Angriff beschlossen war, den Erfolg nur von einem mächtigen
Angriff in der Ebene, demnach von seiner Front aus. Der im Grappagebiete das
Kommando führende G. d. I. Alfred Krauß sprach sich für den Hauptangriff beider¬
seits des Gardasees aus. GO. Arz, 'ber Chef des Generalstabes, trat für einen beider¬
seits der Brentaschlucht mit starkem Ostflügel zu führenden Hauptangriff ein, mit
einem Begleitstoß beiderseits der Bahn Odevzo—Trevifo.
In den Mitte April zwischen Conrad und Arz in Gegenwart des Kaisers
geführten Besprechungen erlangte Conrads Anschauung schließlich das Übergewicht,
so daß das Schwergewicht des Angriffes auf die Hochfläche der Sieben Gemeinden
verlegt wurde. Allerdings konnte man sich zu keinem völligen Verzichte auf die
Erfolgsmöglichkeiten östlich der Brenta entschließen. So blieb auch der Begleitstoß
beiderseits der Bahn Oderzo—Trevifo aufrecht, zu dem sich noch eine Demonstration
am unteren Piave, schließlich das Ansetzen der Nachbarkorps der Stoßstasfel und
der Montelloangviff gesellten.
Die zwischen dem Astico und der Adria räumlich übermäßig ausgeweitete
Angriffshandlung sollte durch eine weitere, dem Hauptangriffe vorausgehende
Demonstration an der Tiroler Westfront, im Tonalegebiete, eingeleitet werden.
So gab es denn eine Vielfalt von Angriffszielen, wodurch das an sich günstige
Kräfteverhältnis zwischen der öst.-ung. und der feindlichen Streitmacht — es stand
nahezu 1:1 — nicht nach dem einzig erfolgverheißenden Entschlüsse zur Zusammen¬
ballung der Kraft an den entscheidenden Stoßlinien ausgewertet wurde, sondern
zu einer Kräftezersplitterung führte. Der Befehl des AOK. für den am 1. Juni
geplanten Angriff lautete im großen dahin: Hauptangriff der 11. Armee, GO. Graf
Scheuchenftuel, beiderseits der Brenta, Hauptangriff der Heeresgruppe FM. v. Boroe-
viö über den Piave auf Trevifo, Demonstration von Teilen der 10. Armee, FM. Frh.
v. Krobatin, am Tonale; gleichzeitig greifen unsere Streitkräste in Albanien und die
Salonikiarmee an. Der Angriffsbeginn wird später angeordnet.
Erhebliche Hemmnisse ergaben sich bei der Vorbereitung der Offensive. Neben
den Zuschuberschwernissen traten anfangs Mai Schwierigkeiten in der Erzeugung
und im Nachschub der Munition ein. Bis Monatsende war hinter die Front etwa
die Hälfte, in die Ausgangsstellungen jedoch nur ein bescheidener Bruchteil geschafft.
Andauernder Regen und Schneefall sowie feindliches Störungsfeuer brachten starke
Verzögerungen. Geradezu lähmend war der Pferdemangel, der vieler Verbände
Bewegungsfähigkeit beschränkte, das Einsetzen der Batterien, die Bildung von
Infanteriebegleitbatterien, den Munittons- und Derpflegsnachfchub wesentlich beein¬
trächtigte. So mußten wegen der unzureichenden Transportmittel die unterernährten
Mannschaften Tag und Nacht hindurch das für Leben und Kampf Nötige herbei¬
schleppen, wodurch vielfach noch vor Angriffsbeginn eine Erschöpfung eintrat.
Der zu breite Angriffsraum drückte die artilleristische Dichte wesentlich herab.
Während die Deutschen an der Westfront bei 9 m pro Rohr angriffen, entfielen an
der k. u. k. Front im Gebirge 18 m, am Piave 20 m. Das war für eine Entschei¬
dungsschlacht, bei der Tiefe der feindlichen Stellungen und gegenüber so mächtiger
Artillerie eine sehr dürftige Dotierung. Die 700 Minenwerfer wirkten bloß gegen
die vordersten Linien *.
1 Kgl. ung. FML. d. R. Ludwig Riedl, „Artilleristische Betrachtungen zur öst.-ung. Juni-
offensive und zur italienischen Oktoberoffensioe 1918", Militärwissenschaftliche Mitteilungen,
Jahrgang 1932.
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