Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

letzten Minuten. Aber vergeblich harren die zum Ansprung bereiten Kämpfer auf 
den höllischen Gesang der Mörser und Haubitzen. Kein einziger der furchtbaren 
Hämmer holt im Riesenbogen aus, um dröhnend auf die Felsburg der Cra. Meletta 
di Gallio niederzuschmettern. Letzte niedliche Schrapnellwölkchen umflattern den 
Hochrücken, den hinter dem Felsriegel sich verlassen Dünkenden schier zum Hohne. 
Des Bataillonsführers blitzartiger Entschluß reißt Infanteriegeschütz und 
schweres Maschinengewehr an die Felsrippe, ballt sie zu einer „Batterie". Ein 
kurzer, letzter Appell an die Sturmstaffeln — es geht um die Ehre des Regimentes! 
Zum Reißen gespannt sind die Nerven. Alles harrt des erlösenden Zeichens... 
Auf der Felsrippe reckt sich der Arm des Bataillonsführers. Die „Felsbatterie" 
reißt ihren stählernen Fächer auf, wirst ihn, einer Tarnkappe gleich, über den 
Italiener, duckt ihn in den Fels. Wie von einem Katapult geschossen, fliegt die 
geballte Sturmstasfel heraus aus der schützenden Rachel, llberguert in tollstem 
Laufe die Felsrippe und landet jenseits im toten Streifen. Nur etliche Sekunden 
Atemrast gönnen sich die Sturmentflammten. Schon gehen sie den Steilhang an, 
voran die Sturmpatrouillen. Sind dies die Männer, die seit mehr als Jahresfrist 
im starren, abstumpfenden Grabenkriege, im wechselvollen Abwehrkampfe wider 
Feind und Naturgewalt gestanden? Denen an Stelle des stolzen Bajonettes der 
traurige Spaten in die Hand gedrückt war? Sind es die Männer, die in der sagen¬ 
umwobenen Fanes, im wilden Travenanzes, in den schneeverhüllten Schlünden des 
Mt. Sief, am wundgeschossenen Heldenberge Mt. Forno Monat um Monat vom 
Schicksal zu einem harten, entsagungsreichen, stets nur auf nervenzermürbende 
Abwehrbereitschaft eingestellten Dasein bestimmt waren? Nun war dieser allem 
Vollblutsoldatentum, allem wurzelhaften Kraftbewußtfein verhaßte Kerker endlich 
gesprengt. Nun waren sie frei geworden von aller drückenden Unrast. 
über sie flattert die Fahne aus Stahl und Eisen, ohne Unterlaß geschwungen 
von der Felskanzel zutiefst, über die hinanbrausende Menschenwoge rast die 
stählerne Sturzflut. Schon quellen aus den Racheln die Sturmtrupps. Keuchenden 
Atems, mit perlender Stirn werfen sie sich an die Drahtwehr, bezwingen sie rasch 
mit den großen Scheren des Feindes. Die ersten Handgranaten fliegen in die italie¬ 
nischen Gräben. Als erster Sturmtrupp stößt Korp. tit. Zgf. Joses Allerbauer, einem 
Falken gleich, in den Graben (silb. TM. 1. Kl. zum zweitenmal), mit ihm die 
ungestümen Gft. Joses Feldhofer und Inf. Matthias Hösele der 10. Komp. (silb. 
TM. 1. Kl.). Ihnen nach im wogenden Anwurf der linke Sturmflllgel, meisterlich 
gelenkt vom sturmvertrauten, geistesgegenwärtigen Oblt. Kores (Orden der 
Eisernen Krone 3. Kl.). Im Nu ist vom ungestümen Angriff die feindliche Linie 
durchstoßen. Zur Rechten sind Krampls Leute an der Arbeit. Lt. i. d. R. Temmel 
beginnt mit feinen Sturmpatrouillen schneidig mit der Ausrollung der Gräben, des¬ 
gleichen Oblt. Kores, der hiebei eine Verwundung davonträgt. Indes folgen die 
schweren Maschinengewehre und die Infanteriegeschütze. 
Vierzig Minuten nach dem Ansprunge — um 4.20 Uhr nachmittags — war 
Cra. Meletta di Gallio erstürmt, das feindliche Grabensystem durchstoßen, der 
Feind zersprengt. 
Schon fallen die ersten Dämmerschatten, als neues Leben die Racheln erfüllt. 
Dunkle Schlangenlinien ziehen über die Hänge, über die sich der Sturmblock 
hinanschwang, zu Tal: Scharen lebhaft gestikulierender, frohgemuter Italiener. Der 
blitzschnelle Einbruch hatte sie vollends überrascht. 
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