Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band II (II. / 1937)

ebenso untersagt wie das Verlassen der Wagen in den Haltestationen. Selbst die 
Aufschriftstafeln auf den Fuhrwerken waren entfernt worden. Erinnerungen an 1914 
tauchten auf: die jubelnde, fahnengeschmückte Stadt, das umjubelte Regiment. 
Diesmal war es im allgemeinen ruhig; lag doch auch eine Zeitspanne von eineinhalb 
Kriegsjahren dazwischen. Immerhin gab es manche, die entgegen allen Maßnahmen 
und Befehlen Mittel und Wege fanden, ihre Durchfahrt anzukündigen, über 
St. Michael—Selzthal ging die Fahrt weiter durch das Ennstal. Teure Heimat! 
Manch Auge wurde feucht. Dann aber durchbrach das stärkere Heimatgefühl alle 
Verbotsschranken: ein Jubeln und Jauchzen, ein Winken, ein Zurufen aus den 
durch Schwarmöfen kümmerlich erwärmten Güterwagen. In Bifchofshofen mußte 
die Entscheidung über die weitere Route fallen. Die Gerüchte, es ginge über Salz¬ 
burg—Bayern nach Frankreich, wollten nicht verstummen. Doch es blieb bei Süd¬ 
tirol. Aus den winterlichen Bergen Nordtirols steuerten die Transportstaffeln in 
beschwingter Fahrt dem Süden zu, vorbei an den veralteten Werken von Franzens- 
seste. Der Schnee ist dahin, der warme Anflug des Vorfrühlings zieht durch das 
Reben- und Gartenland, dessen sagenumsponnene Burgen von der Ferne grüßen. 
Südtirol, gesegnetes Land! 
Lediglich das IV. Baon. war über Wien auf der Westbahnstrecke gefahren, 
waggonierte in Mezocorona (Eisenbahnstation S. Michele) aus und erreichte bei 
strömendem Regen als letztes Bataillon am 24. März nachts S. Lazzaro nächst Lavis. 
Die übrigen Staffeln hatten bereits in Salurn die Wagen verlassen, um von 
hier aus in Fußmärschen bei Vermeidung des von schwarzen Blattern heimgesuchten 
Ortes S. Michele auf Umwegen Lavis zu gewinnen, im Mündungsgebiete des 
Rons- und Fleimstales gelegen. Die Kantonnements in Lavis waren infolge der 
Truppenanstauungen ziemlich beengt, Pferde und Tragtiere standen im Freien unter 
Flugdächern. 
Gleich in den ersten Tagen vollzog sich der Übergang vom fahrenden Train aus 
die verminderte Gebirgsausrüstung Fest genagelte Bergschuhe, Steigeisen, Bergseile, 
Schneereifen, Schneebrillen gelangten zur Ausgabe. Die Pioniere — per Bataillon 
in eine 40 Mann starke Abteilung vereinigt — übten das Sprengen und Zerstören 
von Hindernissen, die Anlage von Minenfeldern, das überwinden von Fortsgräben. 
Die Telephonpatrouillen fanden reichlich Gelegenheit zur Schulung des Leitungs¬ 
baues im schwer gangbaren, unübersichtlichen Gebirgsgelände; auch im Abhorchen 
von Telephongesprächen und im Signalisieren nach Geheimschlüsseln wurden sie 
unterwiesen. Das aus Skipatrouillen zusammengefaßte alpine Detachement erprobte 
sich in Kletterübungen an den Steilhängen der Umgebungsberge. Marschübungen 
bei Tag und Nacht sorgten dafür, den im mehrmonatlichen Stellungskriege schlaff 
gewordenen Körper nach und nach für die zu gewärtigenden Strapazen widerstands¬ 
fähig zu machen und aus den hiebei gewonnenen Erfahrungen praktischen Nutzen 
zu ziehen. Besonders die in der Nacht zum 9. April abgehaltene Nachtübung des 
Regimentes samt Train bot reichlich Gelegenheit zu mancherlei Nutzanwendung. 
Die Feldärzte befleißigten sich, Verbandmaterial und Arzneimittel zu ergänzen, die 
Feldtragen instand zu setzen und die Ersatzmannschaften zu schulen. Impfungen des 
ganzen Regimentes gehörten nachgerade zum Tagesprogramm. Wie immer sorgte 
der Regimentsproviantofsizier, Oblt. Brey, mit seinen bewährten Organen für eine 
1 Jede Feldkompagnie hatte nunmehr 1 Fahrküche, 6 Munitions-, 5 Kochkisten-, 1 Wasser- 
und 2 Futtertragtiere. 
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