Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

neuerlichem Halt. Jetzt mußte die letzte Patrone her! Der Russe wird mürbe 
geschossen. Ungeachtet der Nähe des Feindes lassen die kampsentbrannten Steirer, 
kaltblütig, keck halbausgerichtet oder kniend, die letzten Stahlgrüße hinüber. „Alle 
Patronen verfeuern!" Nun wird es ernst! Jetzt oder nie! 
Oblt. Perleß springt auf, mit gezücktem Säbel und Pistole geht er los. „Mir 
nach!" Und nun — es war 3 Uhr geworden — spielt sich in den nächsten Minuten 
alles filmartig ab. Im Nu ist der Hohlwegrand erreicht. Der Russe weicht in die 
Tiefe. Mit donnerndem Hurra aus sechzig steirischen Kehlen geht es hinab. Ein 
wilder Kamps hebt an. Unsere kräftigen Burschen arbeiten mit Bajonett und Kolben 
wie die Teufel. Der Russe ist in kürzester Zeit überwältigt, unterliegt dem heftigen 
Anstürme. Auch vom Flusse herauf schallt plötzlich Hurrageschrei. Der hünenhafte 
Iagersbacher stürmt aus seinem Neste, vorbei an den lichterloh brennenden Häusern, 
in den unteren Teil des Hohlweges, bricht in die Flanke des überraschten Russen 
ein und räumt unter ihm aus. Oblt. Perleß stößt nach Brechung des Widerstandes 
im nördlichen und mittleren Teile des Hohlweges südwärts vor. Von zwei Seiten 
hart bedrängt, ergibt sich auch hier der Russe und seine eben herangeführte Reserve. 
Zwei Maschinengewehre, die die Russen jenseits des Wasserrisses in Stellung zu 
bringen versuchen, werden nach kurzem Widerstände genommen. Am Kampfe hatten 
sich auch bewaffnete Russophile beteiligt. Etliche Ortsbewohner, auch Frauen und 
Kinder, hatten den Russen Munition zugetragen. 
Der Einbruch der Regimentspioniere hatte sich zunächst auf die nördliche 
Anschlußzone ausgewirkt. Als Oblt. Perleß den nördlichen Teil des Hohlweges 
säuberte, stürmte Lt. i. d. R. Ing. Harter mit einer kleinen Schar der tapferen 
7. Komp, durch den oberen Eingang der Russenfalle. Die Arbeit im Hohlwege durch 
die Pioniere war aber bereits getan. 
Lt. i. d. R. Ing. Harter war unter dem Eindrucke des gedämpften feindlichen 
Infanteriefeuers trotz seiner Verwundung in die Schwarmlinie geeilt, stürmisch von 
seinen Leuten, die ihn am Hilfsplatze wähnten, begrüßt. Mit den Resten der 
7. Komp., die stark gelitten hatte, und mit einem Teile der 5. Komp, unter 
ResKad. Markant dringt er in die russischen Linien vor der Trigonometerhöhe 300 
ein. Die Russen, ganz verdutzt, geben sich gefangen. Bald darauf mit den zunächst 
befindlichen Leuten sich südwärts wendend, stößt Lt. i. d. R. Harter, wie geschildert, 
auf Oblt. Perleß. 
180 unverwundete Russen fallen in die Hände der Pioniere, ein Stabsoffizier 
und ein an beiden Händen verwundeter Leutnant. Ersterer wurde aus einem Hause 
hervorgeholt. Er hatte einen Weinkrampf. In gebrochenem Deutsch rühmt er das 
vernichtende Zielfeuer der Pionierschützen und gesteht offenherzig zu, daß er sich 
nicht ergeben hätte, wenn er über die geringe Zahl der ganz überraschend stür¬ 
menden Österreicher unterrichtet gewesen wäre. 
Außer den zwei Maschinengewehren gab es noch reiche Beute, darunter einige 
Munitionskarretten, Pferde. Der Hohlweg bot ein grauenvolles Bild der Ver¬ 
wüstung: viele tote und verwundete Russen, schreiend, jammernd, nach Hilfe rufend; 
verstreut liegende Waffen, Gerät, blutiges Verbandzeug. 
An Eigenverlusten hatte die Pionierabteilung außer einigen Verwundeten zwei 
Tote zu beklagen. Die Verluste waren demnach, trotz der Schwere des Kampfes, 
im Verhältnisse gering. 
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