Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

In Sturm und Wetter, in Regen und Schnee war Mitte Dezember der Feuer- 
brand der Herbstschlachten am Jsonzo völlig erloschen. Nach acht langen, schweren 
Wochen hatten Freund und Feind, zu Tode ermattet, die Waffen sinken lassen. 
Schon geraume Zeit zuvor war der Krieg in den Gemarkungen von Kärnten und 
Tirol durch einen frühen Winter in Fesseln gelegt worden. Als am Jsonzo knapp 
vor Weihnachten die letzten Flammen in sich zusammenfielen, da lag die Doppel¬ 
kette der Schützenlinien noch unverändert dort, wo sie der blutige Herbstmorgen, 
an dem die zweite Isonzoosfensive der Italiener begann, angetroffen hatte. Und 
unverändert hielt ein halbes Fahr, nachdem Italien mit frischer Kraft in den 
Komps gezogen war, die Abwehrfront in ihrer ganzen Ausdehnung vom Stilffer 
Joch bis zur Adria. Ohne Behinderung durch den neuen Feind hatte die Heer- 
führung der Mittelmächte diese sechs ereignisreichen Monate hindurch ihren großen 
Zielen auf den östlichen Kriegstheatern nachgehen können: ihr Schwert war am 
Jsonzo und in den Grenzgebirgen Venetiens unverrückbar fest eingerammt 
gewesen *. 
Stellungskämpfe auf Monte San Michele 
(22. Dezember 1915 bis 17. Februar 1916) 
Skizze 67 
Die an der Schwelle des Winters abgebrochenen Kämpfe am Jsonzo hatten trotz 
höchsten Kraftaufgebotes und schwerster Blutopfer abermals nicht zu dem vom 
italienischen Volke und Heere erhofften Siege geführt. Das italienische Parlament 
trat zusammen. Gras Cadorna vermochte ihm nur zu berichten, daß er in vier 
großen Schlachten um den Preis von mindestens 230.000 Toten und Verwundeten 
lediglich etliche Gräben auf der Karsthochsläche und die Trümmer des Dorfes 
Oslavija erkauft habe. Der Versuch der Italiener, den Feind in rasch aufeinander¬ 
folgenden Zermürbungsschlachten niederzuzwingen, war gescheitert. Die Eroberung 
von Görz, geschweige denn jene von Triest, war nicht geglückt. 
Das schwere, vergebliche Ringen der letzten Wochen, die zunehmende Wucht der 
Abwehr hatten in den Reihen des schwer blutenden Feindes eine Verbitterung 
wachgerufen, die bedenkliche Anzeichen einer seelischen Erschütterung der Armee 
erkennen ließ. Der prophezeihte leichte Sieg, der Marsch nach Triest und Trient, 
der „Spaziergang nach Wien" waren ausgeblieben. Statt dessen Oslavija, auf 
dessen Kirchenrücken die Sieger eifrig schanzten, statt das letzte Hindernis vor 
Görz zu überwinden. Allen Parlamentsreden und aller Propagandaentfaltung zum 
Trotz ist herbe Enttäuschung unverkennbar, und auch in der Obersten Heeres¬ 
führung war die Siegeszuversicht einer düsteren Bedrücktheit gewichen, von der 
offiziellen Darstellung der Kriegsereignisse mit den Worten gekennzeichnet: „Im 
Dezember 1915 ging die für uns härteste Kriegsperiode zu Ende." 
Die Herbstoffensive Italiens bedeutete auch keine Entlastung für die alliierten 
Mächte. Denn gerade zu jener Zeit vermochten die Mittelmächte nicht allein im 
Westen wie im Osten allen Anstürmen unerschüttert standzuhalten, sondern auch 
durch die Niederwerfung Serbiens den Landweg zu ihren bulgarischen und türki- 
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, III., 520.
	        
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