Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

er den dritten Schlag mit übersteigerten Mitteln zu führen, um den zähen Ver¬ 
teidiger am Karstwall vor Görz und Triest in den hilflosen Zustand rettungsloser 
Wehrlosigkeit zu versetzen. Erst nach abgeschlossener Bereitstellung der Stahl- und 
Eisenmassen für den neuen Waffengang erteilt das italienische Höchstkommando 
den Befehl zum Angriffe. 
Aus den Nachtschatten hebt sich im hellen Sonnenscheine der boradurchstürmte 
Herbsttag des 18. Oktober. Um die Mittagsstunde fegt der gewaltige Orkan des 
aus Feuerschlünden aller Kaliber geschleuderten welschen Massenfeuers über die 
ganze Ifonzofront, von den schneegekrönten Gipfeln des Krn bis zur Adria. Die 
dritte Isonzoschlacht, die Schlacht um Görz, war entbrannt. Siebzig Stunden währt 
dieser Feuersturm, hüllt alle Kampfstellungen und ihr Hintergelände in Rauch 
und Flammen. Zum ersten Male dröhnen Lapronis einzeln und in Geschwadern 
über der Karsthochfläche, tragen Tod und Verderben bis in die Etappe, steigern 
mit Wursbombe und Maschinengewehr das Grauen der „Hölle von Doberdö". 
Siebzig Stunden schlug das Hammerwerk mit voller Wucht aus den Riesenamboß, 
an dem die kampfgestählten Truppen des III. und VII. Korps, an deren Nerven 
das Feuer rüttelt, dem erlösenden Anstürme des italienischen Fußvolkes entgegen¬ 
harrten. Um 10 Uhr vormittags des 21. Oktober branden endlich die Sturmwellen 
der 3. italienischen Armee aus der Sandsackfront gegen die ganze Karsthochfläche 
heran. Stoß prallt auf Gegenstoß, Bajonett, Gewehrkolben, Spaten und Messer 
wüten wie in den beiden ersten Wafsengängen. Hoch sind die beiderseitigen 
Verluste. Auch bei Tolmein und Plava fließt das Blut in Strömen. 
Hundertstündiges Trommelfeuer leitet den Vorstoß von Cadornas Zentrum auf 
Görz ein. Gegen die elektrische Festung der Podgora, gegen den Mt. Sabotino, 
den gewaltigen nördlichsten Eckpfeiler des Görzer Brückenkopfes, gegen den 
Kirchenrücken von Oslavija wogt eine Sturmflut von nahe hunderttausend 
Menschen heran. Polen und vor allem die Dalmatiner, die Helden von Görz, 
schlagen Ansturm auf Ansturm in verzweifelten Nahkämpfen ab. Auch der 
heißumstrittene Mt. S. Michele stand, besonders in den letzten Oktobertagen, im 
Brennpunkte der Schlacht. Erschöpfung, die dringend nötige Ordnung der ver¬ 
mengten Verbände, der Ersatz der Verluste, wie nicht minder das außerordentlich 
schlechte Wetter lassen den Angreifer am 4. November innehalten. 
Vom 18. Oktober bis zum 4. November hatten die Kämpfe in fast ununter¬ 
brochener Heftigkeit gewütet. Dennoch war es dem Angreifer nicht geglückt, auch 
nur das erste Ziel seiner bisher gewaltigsten Offensive zu erreichen: Görz war noch 
fest in der Hand der Verteidiger. Wohl war es den Italienern, die überall mit 
rühmenswertem Opfermut und kaum erlahmender Zähigkeit angriffen, da und dort 
geglückt, die Abwehrlinien des Gegners einzubeulen. Aber sie zu zerreißen, blieb 
ihnen versagt. Immer wieder sandte der Verteidiger von ungefähr zusammengeraffte 
Reserven vor, um den eingebrochenen Feind entweder durch einen aus mehreren 
Richtungen angesetzten Gegenstoß zu werfen oder doch, wenn die Rücksicht auf die 
eigenen Kräfte oder italienischer Widerstand Angriffe verboten, den Einbruch sicher 
abzuriegeln. So stand, beim ersten Abklingen dieses gewaltigen Ringens, an der 
Ausdehnung des Kriegstheaters gemessen, die Mauer des Verteidigers noch dort, 
wo sie zu Beginn aufgerichtet worden war'. 
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, III., 450. 
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