Wer den Köpfach in Händen hielt, war Beherrscher des Dognatales. Diese
Erkenntnis lag schon zu Kriegsbeginn offen zutage. Die wichtige Frage, geeignete
Beobachtungspunkte für den Einblick ins Dogna- und ins Fellatal zu erlangen,
wurde schon an anderer Stelle behandelt1.
Denn Hand in Hand mit der Frontverkürzung ging die Wegnahme jener beherr¬
schenden Hochgipsel, die für den Italiener in diesem Grenzraume zu unschätzbaren
Auslugposten für die Lenkung seines Artilleriefeuers geworden waren.
Die Gunst der Stunde war unsererseits versäumt worden. Wie sehr gerade auch
„die Truppe" von der Notwendigkeit der Besitznahme dieser Gipfel durchdrungen
war, beweist ihr Bemühen in den Iunitagen, besonders die vom X./27. MaBaon.
unternommene Aktion zur Gewinnung des Großen Mittagskofels, wenn ihr auch
nur ein Teilerfolg beschieden raar1 2 *.
Und später, als der erste 30.5-om-Mörser, „Hans", in Stellung ging, erklomm
ein kühner Kletterer, der Bahnbeamte Ing. Horn, mit dem Artilleriefähnrich Erich
Maier und Zgf. Noisternig in einer Julinacht die Montaschwand. Sie legten zwischen
zwei italienischen Feldwachen, einer zu ihren Häupten, einer zu ihren Füßen, ein
Telephonkabel. Zum Schrecken der Italiener leiteten sie am nächsten Morgen vom
Karnischen Turm (2033 mitten aus der italienischen Stellung das Feuer des
dicken Hans gegen die feindliche Batterie nächst Implanz und Pleziche im Dogna-
tale derart wirksam, daß diese einige Wochen, bis Ende Juli, vollkommen schwieg2.
Mit einem nicht unbeträchtlichen Auswande an Munition konnten sich die eigenen
Kanoniere einmal austoben und der Feindartillerie die Schlagkraft der unsrigen
vor Augen führen. Eines Morgens eröffnete unsere Gesamtartillerie das Feuer,
von der feindlichen sofort erwidert. Um die Mittagszeit war das feindliche Feuer
verstummt. Die eigenen Batterien feuerten weiter, auch die Nacht hindurch und
den folgenden Tag. Aus einem italienischen Berichte konnte entnommen werden,
daß dem Italiener dazumal elf Geschütze zusammengeschossen wurden, darunter
acht 21-cill-Mörser; das Barackenlager in Chiout im Dognatale ging in Flammen
aus, 240 Tote waren die Opfer unserer schweren Beschießung. Der Italiener merkte
sich diese Lektion und zeigte durch geraume Zeit starke Zurückhaltung4.
Nun sollte im Oktober eine Aktion größeren Stiles zur Erfüllung lang gehegter
Hoffnungen unternommen werden.
Andauerndes Schlechtwetter wie auch die Verzögerung im Eintreffen des Regi¬
mentes im Grenzraume schoben das Unternehmen bis Mitte Oktober hinaus. Der
Plan des 92. JDKmdos., GM. Fernengel, der den 15. Oktober als Angriffstag
vorsah, ging dahin, mit einem kombinierten Bataillon — eineinhalb Kompagnien
des III./57. Baons. und eine Kompagnie des HIR. 13 unter Hptm. Jaich — aus
dem Fellatale von Norden gegen die Höhen des Karnischen Kammes, Mt. Gosadon
—Mareilla, vorzugehen und hiedurch Kräfte des Feindes zu binden, während
aus Richtung Ost das Gros des lX./LIR. 3 MaBaons. unter Hptm. Müller zur
Besitznahme des Südhanges des Großen Mittagskofels vom Südhange des
Schwarzenberges aus anzugreifen hatte. Zwei Bataillonen des Regimentes — dem
1 Siehe den Abschnitt „Das X./27. Marschbataillon", unter 12. Juni.
2 Siehe den Abschnitt „Das X./27. Marschbataillon", unter 13. bis 18. Juni.
2 Geschichte des Schützenregimentes Graz Nr. 3, I., 223.
4 Aus den Kriegstagebuchauszeichnungen des Dr. Walter Byloff, Chefarzt des X./27. MaBaons.
(Strekiza).
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