Pavlovica und Suchy vrch lagen verlassen. Um 7 Uhr früh erging an das Schwester-
regiment der Befehl zur allgemeinen Vorrückung. Unbehindert gelangten die
47er-Bataillone gegen 11 Uhr vormittags auf den vor einem Monate noch so heiß
umstrittenen Suchy vrch, wo sich das Regiment sammelte, um mittags die weitere
Vorrückung über das nahezu zur Gänze zerstörte Biharö aufzunehmen.
Auch für das Regiment, feit 7 Uhr morgens jederzeit des Marschbefehls gewärtig,
schlug die Stunde des Vormarsches.
Bei herrlichem Maiensonnenscheine ziehen die Besatzungen der Koldorinastellung
gegen 4 Uhr nachmittags am Regimentsfriedhofe (an der Straße Zborö—Bartfeld)
vorbei, grüßen zum letzten Male die toten Kameraden. Durch das gänzlich zer¬
schossene Zborö geht es auf der Straße Alsöpagony zu. In den alten Stellungen
an der Ondava beiderseits Bildstock 488 verbringen das I. und II. Baon. die ruhige
Nacht. Links schließt das Schwesterregiment an. IV/27 lagert in der „Stadt am
Siegl", III/27 sBrigadereserve) bezieht Kantonnements in Borükas, dem Standorte
des GM. Fernengel. Alte Erinnerungen werden wach.
Einen Kraftzuschuß erhält das Regiment durch die an diesem Tage erfolgte
Einteilung einer MGA. des IR. 28, die als MGA. IV in den Verband des I. Baons.
tritt und sich in der Folgezeit ausgezeichnet bewähren sollte.
Der vom 28. IDKmdo. erlassene Befehl gibt einen Rückblick über die
Begebenheiten in den Ostbeskiden seit der Jahreswende:
„Der opseroolle Stellungskrieg in den Ostbeskiden hat mit dem glänzenden Sieg der
verbündeten Armeen in der Maischlacht geendet.
Seit Anfang Jänner deckten die Truppen der 28. ID. gemeinsam mit ihren Brüdern
von der Landwehr den Boden Ungarns in heißen, oft verzweifelten Kämpfen, allen Schrecken
des Gebirgswinters trotzend, alle Strapazen und Leiden mannhaft tragend.
Bedeutende Erfolge, wie jene von Lipna am 28. Jänner, von Zdynia in den Tagen
vom 17. bis 23. Februar, die Verteidigung des Dujawawaldes, 21. bis 25. März, waren
die Früchte unserer Ausdauer. Wenn es schließlich den feindlichen Massen gelang, unsere
schwachbesetzte Linie am 25. März zu durchbrechen, so wurde in der Folge dennoch dem feind¬
lichen Ansturm bei Zborö—Esztebnek endgültig Halt geboten. Zehntausende an Toten ver¬
schafften dem Feind einen Raumgewinn von 15 Kilometer.
Als dann der Sieg von Gorlice—Tarnöw den uns gegenüberstehenden Feind in der Nacht
zum 5. Mai zum fluchtartigen Rückzug zwang, war es der 28. ID. nicht mehr gegönnt, die
Früchte monatelangen Ausharrens zu ernten.
Dafür haben unsere Kameraden vom X. Korps und Truppen des Generals v. Emmich,
des Siegers von Lüttich, die uns gegenübergestandenen russischen Infanteriedivisionen 48
und 49 am 6. und 7. Mai vernichtend auf das Haupt geschlagen, nahezu seine ganze Artillerie
fiel in unsere Hände. Hiemit hat diese beiden Divisionen, deren Gegner wir seit Anfang
Jänner waren, ihr Schicksal erreicht.
Die in den Ostbeskiden durchkämpften Wintermonate werden ein immerwährendes
Ruhmesblatt in der Geschichte unserer Truppenkörper bilden.
v. Hinke, GM."
Der Tag von Gorlice bedeutete die große, entscheidungsvolle Wende im gewal¬
tigen Ringen gegen das übermächtige Zarenreich. Hier fetzt Mackensens Sieges¬
zug durch Galizien und Polen ein, der zur Rückeroberung Przemysls, zur Befreiung
Lembergs und schließlich zum Frieden von Brest-Litowsk führte.
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