Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

Erscheinen des „Beskidenkorps" unter G. d. K. v. d. Marwitz wirkte bereits 
geradezu Wunder. Weit mehr beim Freunde als beim Feindet 
Beiderseits der Laborcza war den Russen nicht nur endgültig die Einfalls¬ 
pforte nach Ungarn verriegelt worden, sondern sie glaubten auch noch bis in den 
Monat Mai hinein, daß von dort aus eine neue Offensive der Verbündeten 
beginnen werde. Es waren große Hoffnungen gewesen, die Rußland auf den 
Stoß nach Ungarn gesetzt hatte. Der Serbe sollte zu neuem Handeln angespornt, 
Rumänien auf den Plan gerufen werden. Der Niederbruch des alten Habsburger¬ 
reiches konnte das nahe Ende sein. 
Aus den Höhen südlich von Mezölaborcz waren — das sollte sich alsbald 
zeigen — diese Hoffnungen zunichte gemacht worden. Das war das weltgeschicht¬ 
liche Ergebnis der Osterschlacht in den Karpathen1 2. 
Der weitere Verlauf des Stellungskrieges in der Koldorinafront 
(5. bis 30. April 1915) 
Skizze 41 
Auch in den nächsten Apriltagen stand Zborö wiederholt im Feuer unserer 
Batterien. Trotzdem blieben die Russen im Orte ansässig, wenn auch nur mit 
schwächeren Kräften. Vom Kirchhofe an der Westseite des Ortes verliefen ihre 
Schützengräben, die tagsüber wie ausgestorben dalagen, zum Fahrwege Zborö— 
Esztebnek, den entlang sie sich gegen letzteren Ort hinzogen. 
Esztebnek war gleich den umliegenden Ortschaften noch nicht restlos evakuiert 
worden. Der schlaue Russe nutzte die Gelegenheit zu einer sinnreichen List. Bei 
Esztebnek tauchte vor dem linken Regimentsslügel eine Gruppe von Flüchtlingen 
auf, die Weiberröcke und Kopftücher trugen und Heugabeln wie auch sonstiges 
Werkzeug bei sich hatten. Die Steirer ließen sich aber nicht übertölpeln. Recht¬ 
zeitig durchschauten sie die Maskerade und erkannten, daß sie es mit verkleideten 
russischen Soldaten zu tun haben, die, unter den Werkzeugen verborgen, auch 
Waffen trugen. Im steirischen Feuer zerstob diese bunte Gesellschaft. 
Die Ausgestaltung der eigenen Grabenfront schritt dank unermüdlichen Fleißes 
rüstig vorwärts, hauptsächlich zur Nachtzeit. Tagsüber konnte sich im allgemeinen 
jeder Ruhe gönnen. Die Steirer sonnten sich an den Hängen der Koldorina, suchten 
auch mit Vorliebe die Buchenwälder auf. Es konnte nicht wundernehmen, daß die 
russischen Kanoniere dieses manövermäßige Verhalten zeitweise durch etliche 
Schrapnellsalven zu stören suchten. Die 27er ließen sich dadurch in ihrem unem¬ 
pfindlichen, nahezu an Sorglosigkeit grenzenden Gleichmute — im übrigen ein 
typischer Charakterzug des Steirers — wenig behindern. Da diese sicherlich kaltes 
Blut verratenden Gewohnheiten das feindliche Feuer herausforderten, mußte das 
Regimentskommando seine wackeren Streiter daran gemahnen, ihre gewiß 
rühmenswerte Abgestumpftheit gegenüber dem Feindfeuer in diesem Falle nicht 
zu übertreiben. 
Im Frühlingssonnenschein schmolz der Schnee rasch dahin. Der 9. April brachte 9.4. 
den erwarteten Wetterumschlag. Regen, mit Schnee vermischt, setzte ein. Wer nicht 
schon die Tage vorher daran gedacht hatte, für „Kanalisierung" der Gräben zu 
1 Pitreich, Sperrfeuer, 198, 199. 
2 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, II., 257. 
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