Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

So konnte etwaigen russischen Angriffen das Regiment ruhig entgegensehen. 
Besonders die Lage in der Talsperre hatte sich wesentlich verbessert. 
Folgten die Russen in den Kartagen an den ruhigen Abschnitten der Gesamt¬ 
front, im Weichselbogen und gegenüber der 4. Armee, ihren geheiligten Oster¬ 
bräuchen, indem sie ihre Schützengräben unbewaffnet verließen und sich unseren 
Truppen mit Geschenken nähern wollten, so entbrannte im Gegensatze hiezu nörd¬ 
lich von Bartfeld und rittlings vom Laborczatale ein wütender Kampf1. 
Die Lage in der dem Regiments benachbarten Anschlußzone der IR. 47 und 28 
war nach wie vor eine schwierige. Dort stand die Frage einer gefestigten Front 
vorläufig noch offen. Die Entscheidung hierüber, von der ja auch IR. 27 als An¬ 
rainer stark berührt war, reifte früher als man allgemein gedacht heran. 
Am Karsamstage, dem Tage der Auferstehung, einem in voller Sonnenpracht 
prangenden Frühlingstage, sollten dort die Würfel fallen. 
Auferstehungstag! Der sonnendurchslutete Morgen lockte Gedanken an Heimat 
und Frieden hervor. Aber jäh versinken die Träume. Aufscheuchendes Feuer der 
Defilsbatterien gemahnt die in den Frühlingsmorgen Hinausträumenden an den 
Krieg. Immer wilder fauchen die Granaten unserer Haubitzen über die Koldorina. 
Dumps schallt das Echo herüber vom langgestreckten Rücken der Pavlovica und 
des Suchy vrch. Ein russischer Adler mit mächtigen Schwingen kreist über Zborö. 
Einsetzendes Gewehr- und ratterndes Maschinengewehrfeuer aus dem Tale von 
Esztebnekhuta läßt die Koldorinasront aushorchen. 
Der Russe war „auferstanden". Mit mächtigem Massenstoße wirst er sich auf 
den Nachbarn zur Linken. 
Aber böse Saat ist dort aufgegangen! Schlimme Keime schmählichsten Verrates 
hatten sich in den letzten Tagen aus der Sekovka und an den Hängen des 
Suchy vrch eingenistet. Im Frühlingssonnenscheine des Auserstehungstages schoß 
die Seuchensaat aus. 
Wer hätte an solch unfaßbares Geschehen gedacht, daß eines der ältesten Regi¬ 
menter der Armee seines Treueides vergessen würde? Welch schmachvolles Ereignis 
hatte sich in nächster Nachbarschaft der 27er abgespielt? 
Im Morgengrauen des Karfamstages konnte von den 47ern eine rückflutende 
Bewegung des links benachbarten Prager Hausregimentes IR. 28 von den beherr¬ 
schenden Sekovkahöhen wahrgenommen werden. Russische Formationen drängten 
in das Tal nach. Aber auch über Esztebnekhuta stoßen die Russen vor und fegen 
von den Hängen des Suchy vrch die dortigen 28er hinweg, saugen die Massen- 
llberläuser aus. 
In der linken Flanke des vor drohende Gefahr gestellten Schwesterregimentes 
ein breiter Frontriß, eine bloßgelegte, offene Frontwunde. Die 47er-Flügel- 
kompagnien, von vernichtender Umfassung bedroht, entziehen sich dem würgenden 
Zugriffe durch raschen Abfluß ins Tal südlich Huczisko mjr. Dort steht bereits der 
Russe und schließt ein ganzes Bataillon der Verräter in die Arme. Hptm. Frh. von 
Vogelfang reißt feine Braven aus der zur Falle gewordenen Tiefe hinaus an die 
Westhänge. Schon stehen die 47er bereit, den Russen zu empfangen. Ja, noch mehr! 
Einige Abteilungen überschreiten abermals das Tal, um die alten Stellungen zu 
gewinnen, bis sie um 10.40 Uhr vormittags GM. Fernengel zurückruft, die 
Angrifssbewegung einstellt. 
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, II., 251. 
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