Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

deren Offensivkraft, nach übereinstimmenden Berichten der Truppenkommandanten, 
aus einem merklichen Tiefstände angelangt mar. 
Der Kräftezustand war derart erschlafft, daß die Leute in der vordersten Linie 
angesichts des Feindes vor Ermattung einschliefen. Um die Gefechtsbereitschaft nicht 
gänzlich zum Schwinden zu bringen, behalf man sich bei BloLew Grn. damit, zur 
Nachtzeit von jedem Schwarme abwechselnd einen Mann ständig ein langsames 
Feuer abgeben zu lassen. Der feuernde Mann hielt sich dadurch wach, der Russe aber 
wurde fortdauernd beunruhigt. Wohl rächte er sich nahezu täglich durch unaus¬ 
gesetzte, bald irrsinnig anschwellende, bald abklingende nächtliche Infanteriefeuer¬ 
anfälle, in die nur zu oft die schweren Akkorde des noch immer aus dem Vollen 
schöpfenden russischen Artillerieseuers krachten, an die schwergeprüften Nerven 
reißend. 
Ein apathischer Zustand hatte die durch das übermenschliche Leid des Schützen¬ 
grabenkrieges gepeinigten Menschen erfaßt. Trotzdem hieß es mit dem Reste ver¬ 
bliebener Willenskraft sich selbst ausrichten, sollte nicht die Front zerbrechen. Die 
Krisis wurde überwunden. 
Es war von Glück zu sagen, daß sich der unsichtbare Russe zu keinem energischen 
Vorstoße aufraffte. 
Nachdem es den russischen Korps des Generals Brufsilow gelungen war, einen 
Durchbruch ihrer Linien südlich von Przemyrl zu verhindern, beschloß General 
Brussilow, dort nur mehr hinhaltend zu fechten, am Ostflügel aber gegenüber der 
k. u. k. 2. Armee in Ausnützung der bisher errungenen Erfolge zur Umfassung des 
öst.-ung. Ostslügels auf Skale und Turka einzuschwenken. 
Als der Rückschlag am Südslügel der 2. Armee ein Vorgehen der 3. immer 
dringender forderte, legte die Heeresleitung der 3. Armee nahe, sich durch einen 
nächtlichen Überfall der russischen Höhenstellungen zu bemächtigen, wenn- der 
Mangel an Artilleriemunition schon keine großen Angrisfsvorbereitungen gestatte. 
G. d. I. Boroevic ordnete hierauf einen llberfallartigen Angriff der ganzen 
3. Armee für den 26. Oktober an. Um 4.30 Uhr nachmittags erhoben sich auf der 
ganzen Front von der BloLewka bis Plefzowice nach kurzer Artillerievorbereitung 
die Truppen der Generale Colerus, Tschurtschenthaler und Ljubiöio aus ihren 
choleraverseuchten Gräben und gingen gegen die stark ausgebauten Stellungen des 
Feindes vor. Nennenswerter Erfolg blieb aus, was die von Seuchen geschwächte 
3. Armee zwang, endgültig in die Verteidigung zurückzufallen1. 
Der Stellungskrieg auf dem hartumstrittenen und blutgetränkten Boden süd¬ 
östlich von Przemysl fraß sich weiter. 
Der Erwähnung wert erscheint eine vom VII. Korpskmdo. erlassene, am 
25. Oktober verlautbarte Instruktion für die Wegnahme der Waldzone südlich 
Folw. Antonüwka, deren Gewinnung notwendig sei, um der unmöglichen der¬ 
zeitigen Lage ein Ende zu bereiten, die Existenzverhältnisse zu verbessern, einen 
erfolgreichen Widerstand in einer günstigeren Position auf Wochen hinaus zu sichern, 
schließlich eine Basis für ein weiteres Vordringen gegen die Wegrzeliska zu schaffen. 
Der Angriff werde aber nur dann gelingen, wenn die Gruppen sowohl unter¬ 
einander wie auch mit der schweren und Feldartillerie innigst zusammenwirken und 
der Infanterieangriff gleichzeitig und während der Artilleriewirkung erfolgt. Die 
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, I., 476, 477. 
146
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.