Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

in erster Linie durch die artilleristische Unterlegenheit beengt war. Die Klagen llber 
die Unzulänglichkeit der artilleristischen Unterstützung erfüllten immer wieder, bis 
zur Ungerechtigkeit, die Berichte der Truppe. Ihre Begründung erhielten diese 
Klagen durch den würgenden Munitionsmangel. Nicht selten mutzten Batterien 
mitten im Kampfe verstummen, da sie nur mehr über ein paar Schutz verfügten. 
Aber auch die Beweglichkeit der Artilleriewaffe hatte durch das grotze Pferdesterben 
bedenklich gelitten. Diese übelstände führten stets aufs neue dazu, der Infanterie 
mehr zuzumuten, als ihr füglich zugemutet werden durfte k 
Die Leiden der Kämpfer steigerten sich von Tag zu Tag. Der Aufenthalt in den 
seichten, von Grundwasser gefüllten Gräben wurde immer mehr zur Qual. Besonders 
im offenen Gelände standen die Grabenbesatzungen bis über die Knöchel, zumeist 
mit zerrissenem Schuhwerke, im schwer abzuleitenden Wasser. Es war nicht wunder¬ 
zunehmen, datz sich zahlreiche Gelenkserkrankungen einstellten. An Unterständen, 
selbst primitivster Art, fehlte es ebenso wie an Drahthindernissen. Erst nach und 
nach kam Draht, aber in ganz unzureichender Menge. Die Nahrungsversorgung 
stietz aus ungeahnte Schwierigkeiten. 
Wegen des feindlichen Artilleriefeuers war ein Heranziehen der Fahrküchen bis 
Wolcza Dl. erst am 23. Oktober abends durchführbar. Das Essen mutzte, zumeist 
zur Nachtzeit, zugetragen werden, so datz es unterwegs wieder kalt wurde. An ein 
Aufwärmen der Kost in oder nächst den Schützengräben war wegen der ver¬ 
räterischen, das russische Artilleriefeuer allsogleich auslösenden Rauchentwicklung 
nicht zu denken. In den Waldstellungen konnte man wohl an geschützten Stellen 
bei grotzer Vorsicht Feuer machen. Der Verpflegszuschub stietz aber hier wegen der 
Unwegsamkeit des Kampfraumes auf die grötzten Schwierigkeiten. In den letzten 
Oktobertagen besserte sich die Verpflegslage zusehends. Die so dringend nötigen 
alkoholischen Getränke und Tee flössen reichlich zu. 
Da die Russen während der kurzen Zeit ihrer Herrschaft die aus dem Hinterland 
gegen Mittelgalizien führenden Bahnlinien gründlich zerstört hatten und da hier 
der Hauptsache nach schwierige Gebirgsbahnen in Betracht kamen, war die Unter¬ 
brechung der Verbindungen um so nachhaltiger. Der eilige Vormarsch an den San 
hatte die Zuschubsschwierigkeiten noch gesteigert. So war man gezwungen, an den 
Vorräten der Sanfeste zu zehren. 
Aber bevor die Versorgung der hartgeprüften Plänkler in ein günstiges Stadium 
einlenkte, war die Verzweiflung der Kämpfer gestiegen, je mehr ihnen nun auch in 
ihren eigenen Reihen ein Tod und Verderben bringender Feind erstand, eine 
fürchterliche Heimsuchung. Der Jammer wuchs von Tag zu Tag. Die Nächte reichten 
nicht, um die Spuren der Toten mit ihren schmerzverzerrten Gesichtern und Glied¬ 
matzen zu verwischen. Allein einhundertundfünfzig Kameraden des Regimentes 
fielen dieser wahren Gottesgeitzel zum Opfer. Aber man setzte alles daran, um 
diese grauenerregende Seuche zu bekämpfen. Impfstoff langte ein. Die Ärzte des 
Regimentes opferten sich auf, nahmen in der Kampffront die Schutzimpfungen vor. 
Ein todbringendes Geschotz holte sich am 3. November in der Waldstellung sein 
Opfer: den Arzt des II. Baons., Assistenzarztstellvertreter Dr. Anton Heigl 
lstlb. TM. 1. Kl.). 
Neben der Cholera herrschten Ruhr, Typhus und schweres Rheuma. Kein Wunder, 
datz die moralische Belastung immer mehr auf die gepeinigten Dulder drückte, 
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, I., 449. 
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