Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

abends der Rückzugsbefehl kam, ihren Ohren nicht trauten. G. d. I. Boroevic mußte von 
seinen Divisionen kategorisch die Befolgung heischen, weil sie nicht begreifen konnten, warum 
das mit so viel Opfern erkämpfte Schlachtfeld plötzlich ohne Nötigung durch die schon mürbe 
werdenden Russen geräumt werden sollte. Noch erstaunter war man bei der 2. Armee, der 
gegenüber in den letzten Tagen der Feind ein Erlahmen seiner Widerstandskraft noch stärker 
gezeigt hatte. 
Es war nicht leicht, den schlichten Kämpfern in der Front verständlich zu machen, was 
©. d. I. Conrad in die Worte kleidete: „Taktisch war dieses Abbrechen nicht nötig, denn die 
Situation stand nicht schlecht; die operativen Verhältnisse jedoch waren unhaltbar." 
Von den 900.000 Streitbaren, die im August voll Zuversicht den großen Strauß ausge¬ 
nommen hatten, waren weniger als zwei Drittel an den San zurückgekehrt; der Russe 
übertrieb nicht viel, wenn er in seinen Siegesberichten 250.000 öst.-ung. Soldaten tot und 
verwundet und an die 100.000 gefangen meldete. Unter den Gebliebenen befand sich ein großer 
Teil der ohnehin nicht zu dicht gesäten altgedienten Soldaten, die nach Ausbildung, Leistungs¬ 
fähigkeit und auch Kampfmoral nicht so bald zu ersetzen waren, und ein erschütternd hoher 
Hundertsatz an Berufsoffizieren, deren Verlust den ganzen Krieg über nicht mehr wettzu¬ 
machen war. 
Die großen Osfiziersoerluste entstanden nicht zuletzt durch die stolze Unbesorgtheit, mit der 
sich die Offiziere, ganz so wie in früheren Kriegen, der feindlichen Feuerwirkung aussetzten. 
In der Schützenkette trotz stärksten Feuers auf- und abgehende Offiziere und sogar Komman¬ 
danten zu Pferd gehörten in den ersten Schlachten noch zu den oft gesehenen Bildern. 
Auch der Verbrauch und die Einbuße an Material bereiteten der Heeresleitung sorgenvolle 
Stunden, zumal der Mangel an Artillerieschießbedarf, der sich schon in den letzten Kampftagen 
sehr fühlbar gemacht hatte und nun aus allen Teilen der Armee gemeldet wurde ’. 
Auch das Regiment hatte in der zweiten Schlacht schwer geblutet. 
Die im Sommerfeldzuge in der Zeit vom 26. August bis 11. September einge¬ 
tretenen Verluste zeigt nachstehende Tabelle: 
Gefechtsstand 
am 
20. August 1914 
Offiziere (Asp.) 
Mann 
Summe 
117 
4085 
4202 
Vom Gefechtsstande find 
Offiziere (Asp.) 
Mann 
Summe 
Zahl 
%) 
Zahl 
o/o 
Zahl 
0/0 
tot 
14 
11.9 
177 
4.3 
191 
4.5 
verwundet 
25 
24.2 
900 
2.3 
925 
23.6 
vermißt 
6 
7.6 
372 
12.4 
378 
12.2 
Totale 
45 
38.4 
1449 j 35.4 
1494 
35.5 
Gesamtverlust an Toten und Verwundeten (ohne Vermißte): 1116 (26.6«/«). 
Von den als „vermißt" Ausgewiesenen ist ein Teil tot; ein Teil ist verwundet in 
Kriegsgefangenschaft geraten. Der Gesamtabgang — zirka 1500 — betrug demnach 
mehr als ein Drittel des Gesechtsstandes. 
Rückzugsbeginn 
Die Loslösung der bei Lemberg kämpfenden Streitkräfte vom Feinde hatte in 
der Nacht zum 12. September zu erfolgen. Dies war eine übergroße Belastungs¬ 
probe für die Moral der Truppen. 
1 Österreich-Ungarns Letzter Krieg, I., 313, 314, 319, 320. 
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