Volltext: Geschichte des Steirischen K. u. K. Infanterie-Regimentes Nr. 27 Band I (I. / 1937)

flackerndes Maschinengewehrfeuer nieder. Vorübergehend war die am weitesten 
vorgeschobene 14./47. Komp, mit Unterstützung der MGA. Oblt. Gizejewski in den 
Abendstunden in die ersten Häuser der Nordwestfront von Bojana eingedrungen. 
Ein zurücklaufender Telephonist ruft der 2.127. Komp, zu: „Nicht schießen! Im 
Orte eigene!" Das Feuer wird gestoppt, hastende Hände greifen an die Spaten, 
um einen notdürftigen Aufwurf gegen die scharf über die Köpfe hinflitzenden Ge¬ 
wehrsalven, gegen das in kurzen Pausen aussetzende herüberratternde Maschinen¬ 
gewehrfeuer zu schaffen. Hptm. Leopold Steinmetz, kaltes Blut bewahrend, eilt von 
der 3. Komp, zur 2. vor, läßt zwei Patrouillen gegen Bojana los, um festzustellen, 
ob Bojana tatsächlich in eigener Hand. 
Es war 8 Uhr geworden. Abendliches Dunkel liegt über dem Kampffeld. Von 
den Patrouillen noch kein Lebenszeichen. Unbekannt ist ihr Schicksal. Von rück¬ 
wärts nach vorne kommt der immer dringendere Ruf „47er zurück!" 
Nach einer halben Stunde läßt der von der Bahn kommende BaonsKmdt. 
Mjr. Rudolf Schwarz die isolierte Gruppe Steinmetz etwas zurücknehmen. 
Das Russenfeuer war abgeflaut, das eigene Feuer erloschen. Im Schutze der 
Dunkelheit wird eine Zwischenstellung bezogen und nachtsüber gehalten; vor Tages¬ 
anbruch wird der Ostrand der Rachel erreicht. Der Spaten tritt wieder in Aktion. 
Qualvolle Schreie der Schwerverwundeten dringen aus der Niederung. 
Dem ersten Angriffe aus Bojana war kein Erfolg beschieden. Im deckungslosen 
Kampffelde, vor allem ohne ausreichende Artillerievorbereitung von der opfer¬ 
bereiten Infanterie angesetzt, war der Angriff im übermächtigen Russenfeuer 
Halbenwegs gescheitert. Teile der beiden Schwesterregimenter waren mit Todes¬ 
verachtung dem zähen Feinde auf Greifweite nahe gekommen. Aber ihre Hoff¬ 
nungen auf Nachstoßen rückwärtiger Linien erfüllten sich nicht. Deren Führer 
standen unter dem Eindrucke der Fruchtlosigkeit eines solchen Beginnens. 
Die Nacht auf den 10. 
Nächtliche Schatten senken sich aus das erstarrte Schlachtfeld. Fahles Mondlicht 
ergießt sich, zeitweise aus dem Gewölk einfallend, über die kampfmüden, da und 
dort in Halbschlaf versunkenen Streiter im deckungsarmen Wiesengrunde, im 
nächtigen Waldesdunkel. 
Mitternacht! Aufloderndes Feuer an der südlichen Waldfront. Im Tempo eines 
Warenhausbrandes rast es nordwärts, frißt sich mit Windeseile durch, entlang des 
Waldrandes. Schon stimmt auch das russische Orchester an: ein gewaltiger Aufschrei, 
übertönt von den Schnalzlauten tausender Kastagnetten. 
Plötzlich brechen, gleich reißenden, in eine Schafherde einfallenden Wölfen, in 
der nördlichen Waldzone mehrere Linien von vorne, getrieben von der Peitsche 
einer unerklärlichen Panik, in die rückwärts ruhenden Linien der 27er ein. Die jäh 
aus tiefem Schlafe Aufgeschreckten werden eine kurze Strecke mitgeschwemmt. Aber 
der Halteruf der wach gewordenen, ruhig Blut bewahrenden Älpler bändigt in einer 
Waldblöße nach hundert Schritten Dauerlauf den Nervenschock. Ein Knäuel chaotisch 
durcheinandergewirbelter Verbände verschiedener Truppenkörper ist das quälende 
Ergebnis. Der Feuerwirbel verstaut. Fahles Mondlicht bricht durch das Geäst, kühlt 
den glutigen Nervenbrand. Aufsteigende Nebelschleier verhüllen den kalten Beob¬ 
achter am Firmamente. 
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