Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Die Kämpfe am Styr, an der Strypa und am Pruth 7! 
daß die Aufstellung des Leeres der durch den Sieg geschaffenen Sachlage 
nicht mehr entsprach. 
Brussilow verlangte Truppen von Everth und Kuropatkin, um den 
Erfolg seiner Armeen auszubeuten. Aus einem allgemeinen Angriff war 
eine kombinierte Operation geworden, ein Doppeleinbruch an Styr und 
Dnjestr, und daraus die Möglichkeit zu einem Zangenangriff von ungeheurer 
Spannweite erwachsen. Brach die österreichisch-ungarische Front unter 
diesem Klammergriff vollends zusammen, so waren die Deutschen in Polen 
und Litauen ohne Schlacht zum Rückzug genötigt. Der Kriegsrat des 
Zaren konnte sich trotzdem nicht entschließen, sofort alle verfügbaren Kräfte 
von der Düna und der Beresina abzurufen, denn Kuropatkin stand in seiner 
mächtigen Flankenstellung von Iakobstadt bis zum Tirulfumpf drohend be¬ 
reit und Everth rüstete zum Stoß auf Baranowitschi. Man beschloß daher, 
aus die Schwächung der deutschen Linien zu warten, an der jetzt nicht mehr 
zu zweifeln war und dann, dem Plane getreu, Lindenburg und Leopold mit 
dreifacher Übermacht anzugreifen. Brussilow begnügte sich mit der Zusiche¬ 
rung, daß ihm trotzdem eineAnzahlDivisionen zugeschoben werden sollten, und 
trieb inzwischen seine Generale zur Verfolgung des geschlagenen Feindes an. 
Am Tage, da Falkenhayn und Conrad am Königsplatz zu Berlin zu- 
sammentrafen, wälzte Brussilow die Verfolgung in Wolhynien über den 
Styr, in Galizien über die Strypa, in der Bukowina gegen den Pruth. 
Es kam überall zu wirrem, verzweifeltem Fechten. Lier kämpften 
einzelne österreichische Bataillone bis zum bittern Ende, dort lieferten sich 
ganze Laufen einer Landvoll anreitender Kosaken aus. In Wolhynien 
gingen die Vorräte der 4. Armee verloren. Niesenstapel von Kriegszeug 
wurden angezündet, ganze Lager liegen gelassen, bis Wladimir-Wolynst 
rasten flüchtende Kolonnen zurück. 
Am 9. Juni überschritten die Russen ober- und unterhalb von Luzk in 
breiter Front den Styr. Bei Rafalowka warfen sich ihnen die ersten deutschen 
Bataillone in den Weg und erkämpften kurzen Aufenthalt. Mehr war nicht 
zu erreichen. 
Linsingen war.durch die Niederlage Josef Ferdinands schwer ge¬ 
troffen worden. Er sah sich genötigt, einzelne Bataillone zu opfern, um seine 
Flanke zu verriegeln und suchte vergebens die Trümmer der 4. Armee zum 
Widerstand zu ballen. Generalleutnant Stoltzmann büßte Josef Ferdinands 
Zusammenbruch mit der Enthebung von seinem Posten. An seine Stelle 
trat Oberst Lell. Erzherzog Josef Ferdinand wurde von Kaiser Franz 
Joseph abgerufen und durchGeneraloberstv.Tertszczansti ersetzt. Tertszczansti 
bemühte sich, am Stochod und an der Lipa eine neue Front zu bilden, 
während Linsingen und Puhallo versuchten, die furchtbare Bresche rechts und 
links abzuriegeln. Es kam zu zusammenhanglosen Gefechten. Am 12. Juni 
ritten Kaledins Kosaken bis Torczyn, 25 Kilometer über Luzk hinaus nach
	        
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