Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

70 Der Feldzug im Osten vom 14. Nov. 1915 bis 31. Aug. 1916 
zehn Tage später die Weisung an Erzherzog Eugen, den Kampf abzubrechen 
und in die Verteidigung zurückzufallen. Alles, was im Etschtal, im Sugana- 
tal und in den Kärntner Alpen entbehrt werden konnte, erhielt den Befehl, 
nach Galizien zu eilen, um dem Zusammenbruch zu steuern. 
Aber damit war nichts getan, denn der Russe ließ den Österreichern keine 
Zeit, eine neue Armee zu bilden. Der Zusammenbmch Joses Ferdinands 
verlangte raschere Aushilfe. Nur die Deutschen konnten helfen. Zu dieser 
Erkenntnis war Conrad schon am 6. Juni gekommen, und dabei war die 
Lage noch schlimmer, als er ahnte. Er hielt große Stücke auf Pflanzer- 
Baltin und glaubte, die 7. Armee werde sich trotz des Rückschlages bei Okna 
am Unterlauf der Strypa und zwischen Dnjesir und Pruch im Felde be¬ 
haupten. Er sorgte sich daher viel mehr um Kowel und Brody als um Czer- 
nowitz und Kolomea. 
In dieser Zwangslage faßte er den bittern Entschluß, Falkenhayn um 
Beistand anzugehen. 
JmdeutschenLauptquartierzuPleß herrschte noch ernstere Stimmung als 
in Teschen. Als am 6. Juni Conrads Hilferuf eintraf, der das Blut deutscher 
Divisionen forderte, um bei Kowel zum Gegenangriff anzutreten, fielen 
schwere Schalten auf die allgemeine Lage. Die wolhynische Katastrophe 
bedeutete mehr als eine Erschütterung der Ostfront. Sie schlug die letzte 
Hoffnung auf rasche glückliche Beendigung der Schlacht bei Verdun in 
Scherben. Sie tat noch Schlimmeres — Verdun wog schon schwerer als 
Asiago — sie brachte die Deutschen in Ost und West um ihre letzten beweg¬ 
lichen Reserven. 
Am 8. Juni trafen Conrad und Falkenhayn in Berlin zusammen. 
Zwischen ihnen standen die Schatten von Verdun und Asiago. Der Öster¬ 
reicher kam als Bittender. Falkenhayn konnte nicht anders als ihn erhören 
und gab die geforderten Divisionen. Ob sie noch zurecht kamen, wußte am 
8. Juni niemand zu sagen. 
Die Kämpfe am Styr, an der Strypa und am Pruch 
vom 6. bis 10. Juni 1916 
Während zwischen Pleß und Teschen über die Stellung von Hilfs- 
kräften und eine neue Abgrenzung der Befehlsgewalten verhandelt wurde, 
hallte der Kriegsrat des Zaren von Brussilows Siegesmeldungen wider. 
Man maß staunend die Größe des Erfolges, den der Anprall von vier Front¬ 
armeen in Wolhynien und Galizien über Nacht gezeitigt hatte. Der Kriegs¬ 
rat sah ein, daß der Erfolg noch nicht ausgereift war, und daß es nur kraft¬ 
vollen Nachdrängens bedurfte, um aus der Schlacht in eine Verfolgung 
großen Stiles überzugehen. Er verschloß sich aber auch der Erkenntnis nicht.
	        
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