Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Die Schlachtenfolge vom 25. Sept. bis 4. Okt. 1918 629 
vorbereitete Linie, die noch von früher her bestand. Das war die Lunding- 
Brunhildstellung, die hinter der Aisne-Champagnefront von Marle über 
Sissonne nach Rethel lief und vom Aisneknie zur Maas führte. Aber es 
fehlte an Menschen und Gerät, diese Linien fertigzustellen, zu bemannen 
und zu bestücken. Das deutsche Leer schlug seine letzten Schlachten in flüchtig 
befestigten Stellungen auf offenem Felde. Es zählte um diese Zeit im ganzen 
noch 217 Divisionen, von denen 186 im Westen fochten. Nicht weniger als 
22Divisionen waren im August aufgelöst worden, und die Zahl der kämpf- 
frischen Reserven war auf 14 Divisionen gesunken. Die Verbände waren zu¬ 
sammengeschrumpft. Einzelne Divisionen stellten noch 2000 Feuergewehre, 
es gab sogar Verbände, die kaum noch 1000 Streitbare zählten. Das 
Leer verblutete und verdorrte zugleich. Der Ersatz aus der Leimat war 
versiegt, die Depots der Etappe begannen sich zu leeren, viele Tausende 
von Urlaubern fanden den Weg nicht mehr zur Front, und die Kämpfe 
forderten zahlreiche Vermißte, denn der Wille, bis zum Tod zu fechten, 
wenn der Feind an dieser oder jener Stelle in die dünnen Linien ge¬ 
brochen war, begann der Ergebung in das drohende Schicksal Platz zu 
machen. Trotzdem lebte in diesem sterbenden Leere noch der Geist unbesiegten 
Leldentums und treuester Pflichterfüllung. So sei als eines Beispiels auch 
jenes Leutnants Jünger vom 73. Füsilierregiment gedacht, der als Kriegs¬ 
freiwilliger ins Leer getreten war, im Grabenkrieg zum Leutnant vor¬ 
rückte, sechsmal verwundet wurde, stets wieder zu seinem Regiment zurück¬ 
kehrte, und, am 24. August bei Marquion durch die Brust geschossen, sich 
der Aufforderung zur Ergebung widersetzte, um sich mit den Letzten seines 
Zuges durch Freund und Feind zu den Seinen durchzuschlagen. 
Auch der Gegner litt unter Menschenmangel. England hatte schon 
im Mai 10 Divisionen aufgelöst, und hinter der ftanzösischen Front wim¬ 
melte es von saumseligen Arlaubern, aber der Amerikaner füllte die Lücken. 
„General Tank" und die Loffnung auf den Endsieg, dessen Etappen sich 
an den Äsern der Marne, der Piave und auf der Moglena Planina 
und in Zudäa abzeichneten, riefen die Kräfte der Westmächte zur Offen- 
sive und setzten Marschall Foch instand, den Angriff am 26. September aber- 
mals mit Äbermacht an Menschen und Maschinen zu eröffnen. Die Aber- 
zeugung, daß die Deutschen nicht nur in die Anterlegenheit gedrängt worden 
waren, sondern auch völliger Vereinsamung im Felde entgegengingen und 
den fortgesetzten Angriffen nicht länger widerstehen konnten, stärkte der: 
Leeren der Entente den Mut zum allgemeinen Angriff auf den gefürchteten 
Feind. And dennoch lag eine gewisse Mattigkeit über allem, was da litt und 
stritt, nur der Amerikaner ging noch mit unbekümmetter Frische in die Schlacht, 
die sich vom 26. September 1918 aus Zwischenkämpfen zur Löhe einer ent¬ 
scheidend gedachten, 7 alliiette und 5 deutsche Armeen in unmittelbare Be¬ 
wegung setzenden Ringens erhob.
	        
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