Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

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Die Feldzüge im Westen und im Orient 
die aus Nebeln und Frühgewittern über Gebirge und Ebene niedergegangen 
waren, ließen die Piave und die Torrenten der venetischen Alpen zu Wild» 
strömen anschwellen und sehten die Niederung unter Wasser. Mit ungeheurer 
Wucht' entstürzte die Piave dem Gebirge und zerriß alle Verbindungen 
der auf dem Westufer fechtenden Österreicher. Brücke, Stege und Pontons 
wurden weggerissen, die Dämme überflutet, die Schleusen durchbrochen, die 
Lagunen weit über ihre Grenzen getrieben. Maisfelder und Rebengelände er¬ 
tranken und dieKolonnenwege versanken. So schwand die lehteMöglichkeit, die 
Stellungen auf dem Westufer der Piave zu behaupten, und es blieb Voroevic 
nichts übrig, als die übergesetzten Truppen auf das Ostufer zurückzurufen. 
Am 22. Juni ertellte die österreichisch-ungarische Leeresleitung dem Feld¬ 
marschall den Befehl zum Rückzug. Sie hatte bis zum letzten Augenblick 
gewartet, denn sie gab damit nicht nur die erkämpften Vorteile preis, sondern 
nahm auch das Eingeständnis eines Rückschlages auf sich, der vom Feinde 
als entscheidende Niederlage gedeutet werden konnte. Aber es blieb keine 
andere Wahl, denn Diaz rüstete schon zum strategischen Gegenangriff, und 
es galt, die auf dem Montello und bei Capo Eile fechtenden Truppen dem 
Verderben zu entziehen. In der Nacht auf den 23. Juni traten Goiginger 
und Wurm die gefährliche Bewegung an und stießen unter dem Schutze 
opferbereiter Nachhuten vom Ufer. Als die Italiener in der Morgenfrühe 
den wilden Strom mit treibenden Barken bedeckt sahen, griffen sie an. 
Leldenmütig verteidigten sich deutsche, ungarische und kroatische Bataillone 
auf dem Montello, auf den Dämmen und in den Brückenköpfen, bis die 
Masse der Divisionen den Strom überschritten hatte. Die Italiener sandten 
tschecho-siowakische Verbände ins Treffen, die aus Kriegsgefangenen gebildet 
worden waren, und suchten dem weichenden Gegner durch Geschützfeuer den 
Rückzug zu verlegen, waren indes nicht imstande, den Feind zu verstricken. 
Boroevic ließ viele Tote und Verwundete auf dem Westufer liegen, rettete 
aber die Masse der Armee über den Strom. 
Diaz wagte nicht, dem Feind auf dem Fuße zu folgen, sondern begnügte 
sich, gegen den Monte di ValBella und den Col delRosso anzurennen und die 
verlorenen Gräben nach hartnäckigenKämpfen um die Monatswende zurückzu¬ 
erobern, und nahm erst am 6. Juli den letzten Brückenkopf am Unterlauf der 
Piave wieder in Besitz. Rom feierte den glücklichen Ausgang der Schlacht als 
großen Sieg. 
Die letzte Offensive der Österreicher war binnen wenigen Tagen gescheitert. 
Der Nachhall der Schlacht an der Piave 
Lindenburg empfand das Mißgeschick der Bundesgenossen schmerzlich. 
Er hätte die Hinterlassung des Angriffs einem solchen Ausgang vorgezogen, 
denn die Offensive war nicht über ein kurzfristiges, mit teurem Blut und
	        
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