Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Die Schlacht an der Piave 
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bedrängten Feste. Auch dieser Angriff trägt das Gepräge eines Fesselungs¬ 
unternehmens und verrät, daß der Deutsche die Handlungsfreiheit durch den 
halbgeglückten Vorstoß bei Compiègne nicht zurückgewonnen hat. Es ist 
ein neuer großer Angriff, eine gewaltige Schlacht nötig, um die Verstrickung 
zwischen dem Reimser Vergwald und dem Wald von Villers-Cotterets zu 
lösen und die strategische Lage zu klären. Gelingt er, so führt er zur Krönung 
des großen Feldzugs, in dem der Deutsche um den Enderfolg kämpft. 
Die deutsche Leeresleitung verschloß sich nach den Kämpfen an der 
Matz, am Mühlbach und an der Ardre der Erkenntnis nicht, daß die strat¬ 
egische Lage ungellärt geblieben war. Die großen Sch lachten hatten zu großen 
Erfolgen geführt, aber die taktischen Siege, die mit ganzem L erzen gesucht 
und in heldenhaftem Ansturm gewonnen worden waren, büßten im Intervall 
der einzelnen Kampfhandlungen stets so viel von ihrer Kraft ein, daß die 
strategische Auswirkung darüber verloren ging. Jede Operationspause ge¬ 
fährdete den Enderfolg. Da die Pausen nicht nur durch die räumliche 
Trennung der einzeln angeordneten Schlachten und durch denWechsel der An¬ 
griffsfronten, sondern vornehmlich durch die Beschränkung bedingt waren, die 
sich die Deutschen in der Verwendung ihrer Kräfte auferlegen mußten, 
gab es dagegen kein anderes Mittel als den Verzicht auf die Fortführung der 
Offensive, nachdem die Frühlingsschlachten den Feind weder zum Frieden 
gezwungen noch zu einer Verständigung willig gemacht hatten. Aber zu 
diesem Verzicht gehörten größere Seelenstärke und gefestigtere Verhältnisse 
als zur Fortsetzuug des siegreich eingeleiteten Angriffsfeldzuges, der das 
Leer und die Leimat auf Flügeln der Einbildungskraft über die unerträg¬ 
lich gewordene wirtschaftliche Lage und die politischen Enttäuschungen empor¬ 
hob und immer noch die Loffnung auf neue Siege offen ließ. 
Man entschloß sich daher, im Angriff zu verharren. Aber man mußte 
Mittel und Wege zu neuer Schlacht bereitstellen, denn ein Angriff aus dem 
Stegreif versprach keinen Erfolg. Inzwischen galt es, den Feind zu schädigen 
und zu fesseln. 
Die Schlacht an der Piave 
Die Reihe war an den Österreichern. Sie hatten, weiß der Limmel, 
lange genug gesäumt, in den Kampf einzugreifen, obwohl in Kaiser Karls 
Erblanden noch größere Not herrschte als in Deutschland. Mangelhafte 
Organisation hatte eine Lungersnot über Österreich gebracht, die weder 
durch die aus der Akra ine noch durch die aus der Walachei gezogenen Vor¬ 
räte gestillt werden konnte. Als darunter der Wille zum Durchhalten litt 
und nicht nur in Vöhinen, sondern auch in Wien Revolution drohte, gab 
das darbende Deutschland noch einmal willig von dem Seinen. Da Deutsch¬ 
land zur gleichen Zeit von den hungernden Vulgaren um Lilfe angegangen
	        
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