Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Das politische Stärkeverhältnis 5?.Z 
Feldgeschütz mußte mitten im Kriege mit einem weitschießenden Rohr aus¬ 
gerüstet werden— hatten die Schaffung mächtiger Tankgeschwader verhindert. 
Die Deutschen rückten daher mit wenigen Sturmwagen in die Schlacht. 
Die Kavallerie focht im Westen zu Fuß; was noch im Sattel saß, ritt gen 
Narwa und Poltawa. Am so zahlreicher waren die bespannten Geschütze, 
Munitionsstaffeln und Kolonnen, aber die Pferde litten Lafermangel und 
hatten infolge der dürftigen Ernährung mitRauhfntter einen großen Teil ihrer 
Leistungsfähigkeit eingebüßt. Auch die Leistungsfähigkeit der Lokomotiven 
und der Kraftwagen war gesunken, seit kostbare Metalle und Metallmischungen 
seltener geworden waren und Kessel, Motore und Triebräder aus Ersatzstoffen 
hergestellt werden mußten. Am schlimmsten machte sich der Mangel an Leder 
geltend. Aber der kriegerische Geist, die Schulung und das Selbstvertrauen 
des deutschen Leeres, das aus allen Schlachtfeldern Europas siegreich ge¬ 
fochten und im Kampfe mit der Äbermacht die schönsten Kränze an seine 
Fahnen geheftet hatte, ließen alle Mängel der Ausrüstung, alle Entbehrungen 
der Truppe vergessen. War auch manches nicht mehr wie es sein sollte, hatte 
der Krieg als Dauereinrichtung auch Schäden gezeitigt, die das Verhältnis 
des Offiziers zum Soldaten beeinträchtigte, so lebte doch im Leere noch 
das alte Pflichtbewußtsein, war sein unendlich verzweigter Organismus 
doch noch von so viel todesverachtender Lingebung ans große Ganze durch¬ 
drungen, daß die Treue zum Vaterland, die damals schon von l1/^ Millionen 
mit dem Tode besiegelt worden war, noch größere Opfer fordern konnte, 
als der Deutsche bis auf diesen Tag gebracht hatte. 
Das politische Stärkeverhältnis 
Als Lindenburg seine Streiter zum letzten großen Angriff rief, schwanden 
alle Schatten. Die entmannende Propaganda, die teils von Moskau ihren 
Arsprung genommen, teils durch Sendlinge der Entente im Innern Deutsch¬ 
lands genährt worden war, verlor ihre werbende Kraft. 
Das Vertrauen des Leeres in Lindenburg und Ludendorff hatte nicht 
gelitten. Die Person des Kaisers war dem Auge und dem Gefühl der Armee 
mehr und mehr entrückt worden, sein von innerer Anruhe verzehrtes, mühsam 
zusammengehaltenes Wesen ließ keine schrankenlose Lingabe an seine Person 
mehr aufkommen, aber das Symbol der Kaiserkrone, unter der die deutschen 
Lande im Jahre 1871 sich endlich wieder zu einem Ganzen zusammengefunden 
hatten, ohne fortgeschrittene politische Ideen zur nationalen Wiedergeburt zu 
Gast zu laden, glänzte noch über Wilhelms Laupte und spiegelte noch die 
Lerrlichkeit des zu unerhörtem materiellen Wohlergehen gelangten Reiches. 
Am 13. Februar 1918 trafen Lindenburg, Ludendorff und Graf Lert- 
ling im kaiserlichen Loflager zu Lomburg ein, um die militärische und poli-
	        
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