Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

522 Die Feldzüge im Westen und im Orient 
Ziele zu verfolgen und dadurch genötigt wurde, 30 bis 40 Divisionen im Innern 
Rußlands stehen zu lassen, war die deutsche Leerführung trotz des Zusammen¬ 
bruches des Zarenreiches im Jahre 1918 nicht in der Lage, den letzten Mann 
zum Entscheidungsfeldzug im Westen heranzuziehen. 
Trotzdem bot der Aufmarsch der Deutschen zur Entscheidung aus den 
Schlachtfeldern des Westens im Frühling des fünften Kriegsjahres ein Schau¬ 
spiel von überwältigender Größe. Es war kein wohlgenährtes, glänzend 
ausgerüstetes Leer mit starken alten Stämmeri, sondern eine an Darben ge¬ 
wöhnte, notdürftig bekleidete Armee, in der nur noch wenige Offiziere, Anter- 
offiziere und Leute aus der Friedenszeit standen, aber sie zog noch einmal 
voll Opfermutes und Leldensinns in die Schlacht. Deutschlands Aufgebot 
im Weltkrieg war nie größer als in diesem letzten Kamps. 
Als Ioffre im Dezember 1914 zum erstenmal angegriffen hatte, zählte 
das deutsche Leer 138 Divisionen, von denen 98 an der Westfront kämpften. 
Als Ioffre und French im September 1915 die großen Lerbstschlachten im 
Artois und in der Champagne schlugen, zählte das deutsche Leer 172 Di¬ 
visionen, von denen zuerst 107, später 114 den Anprall der Westmächte zum 
Scheitern brachten. Als die Alliierten im Juli 1916 die Schlachtenfolge 
an der Somme eröffneten, unterhielt Deutschland 177 Divisionen und focht 
zuerst mit 123 und kurz darauf, als um Combles und Bouchavesnes gerungen 
wurde und zu gleicher Zeit der Rumäne losschlug, mit 128 Divisionen an 
der Westfront. Als Nivelle und Laig im Frühling 1917 zur Doppelschlacht 
an der Scarpe und der Aisne antraten, war das deutsche Leer 231 Divisionen 
stark und begegnete dem Ansturm der Westmächte mit 156 Divisionen, und 
als die flandrischen Schlachten geschlagen waren und die Schlacht bei Cambrai 
das Ende des Jahres und der englisch-ftanzösischen Offensive verkündete, 
standen 238 deutsche Divisionen im Felde, von denen 138 in Frankreich fochten. 
Im März des Jahres 1918 aber waren von 238 Divisionen 197 im 
Westen versammelt. Es war der größte Eisenbahnaufmarsch der Kriegs¬ 
geschichte zur Entscheidungsschlacht. Von diesen 197 Divisionen standen 
113 an und dicht hinter der Front in festen Stellungen und 84 als Manövrier¬ 
masse auf der inneren Linie im Becken der Oise und der Schelde aufmarschiert. 
Die Divisionen zählten fteilich nicht mehr 4, sondern 3 Infanterieregimenter, 
waren aber reich mit Artillerie und Maschinengewehren ausgestattet. Leichte 
und schwere Maschinengewehre, fahrbare Minenwerfer, Feldgeschütze und 
schwere Rohre waren zu Angriffswaffen gestaltet worden, die die Infanterie 
auf ihrem Blutgang in den Feind begleiteten. Auch die Schlachtflieger 
waren bedeutend vermehrt und als Vernichtungswaffe in der Erdschlacht 
zu Geschwadern zusammengestellt worden. Dagegen ließ die Tankwaffe zu 
wünschen übrig. Materialmangel, eine gewisse Anterschätzung der englischen, 
von den Franzosen erheblich verbesserten Erfindung und die Überlastung 
der deutschen Werkstätten mit dem Bau von Geschützen — das veraltete
	        
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