Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

518 Der Kampf um den Frieden im Osten und Wilsons 14 Punkte 
französischen Offensive und dem Erliegen der Russen, als in Frankreich und 
England Friedensstimmungen nach Ausdruck rangen und die zur Versöhnung 
mahnende Botschaft des Papstes Benedikt XV. noch in den Gemütern nach- 
wftkte — im Reichstag ausdrücklich die Frage erhoben: „Kann Deutschland 
Frankreich bezüglich Elsaß-Lothringens irgendwelche Zugeständnisse machen?" 
und darauf selbst die Antwort gegeben: „Rein, nein, niemals!" Der starke 
Widerhall dieses „Niemals" hatte die nicht minder bedeutungsvollen Worte 
verschlungen: „Wofür wir fochten und fechten werden, bis zum letzten Bluts¬ 
tropfen, das sind nicht phantastische Eroberungen, es ist die Anversehrtheit 
des Deutschen Reiches." Das Bekenntnis zu einer Verständigung auf Grund 
des Status quo ante bellum, das in den letzten Worten verschleiert lag, war 
durch die ausdrückliche, emphatische Hervorhebung Elsaß-Lothringens um 
seine Wirkung gebracht worden. Dagegen hatte Kühlmann den von eng¬ 
lischen Friedenskreisen erwarteten, ausdrücklichen Verzicht auf Belgien 
vermieden. Als Wilson genau drei Monate später, am 9. Januar 1918 der 
französischen Forderung auf die Rückerstattung der Reichslande zustimmte, 
sah sich die deutsche Politik vor einer neuen Wende. Amerika erklärte sich 
mit Frankreich und England solidarisch und zertrat Kühlmanns „Niemals". 
Die zurückbehaltene belgische Karte war entwertet, die elsässische von 
Wilson gestochen. 
Als die Vereinigten Staaten sich die Forderung Frankreichs und Eng¬ 
lands auf Abtretung Elsaß-Lothringens zu eigen machten und Georges 
Clémenceau, der letzte Aberlebende der Nationalversammlung von Bordeaux, 
als französischer Ministerpräsident Frankreich zur Durchführung des Krieges 
bis zum Äußersten aufrief und in einer Ansprache, die er am 1. März 1918 
in der Sorbonne hielt, erklärte, die Prüfung, die Frankreich durchmache, 
habe eigentlich in jener Versammlung von Bordeaux begonnen, begann die 
letzte politische Phase des Weltkrieges. 
Sie führte von dem ungelösten Problem des Ostens auf die Schlacht¬ 
felder des Westens, wo sich die Gegner im Frühling des Jahres 1918 im 
letzten und größten Feldzug gegenübertraten. Während im Osten über einen 
zweifelhaften Frieden verhandelt und zu gleicher Zeit marschiert und ge¬ 
kämpft wmde, rückten die Äeere im Westen unter neuen strategischen Gesichts¬ 
punkten zu Angriff und Abwehr zusammen.
	        
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