Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

476 Der Feldzug im Westen vom 27.Mai bis 3.Dez. 1917 
Das Wetter und der Feind bannen den Angreifer an die Stelle. Regen¬ 
fluten stürzen vom niedrigen Limmel und verwandeln die Mulde in einen 
weiten Sumpf. Panzerwagen verschlammen und Kanonen versinken, die 
Infanterie liegt in wassergefüllten Trichtern am Feind, der gleiches !ln- 
gemach erduldet, aber die Schlacht aus der Raumtiefe beherrscht. Das 
mechanische Angriffsverfahren hat zum erstenmal versagt. Es ist kein Ein¬ 
bruch mehr wie an der Somme, keine Erstürmung ganzer Frontabschnitte 
mehr wie an der Scarpe und auf der Löhe von Vimy, keine Eroberung fest¬ 
gefügter Stellungsklötze wie am Tage von Wytschaete, sondern nur noch 
eine gewaltsame, mühselige frontale Verschiebung der Front, die sich in 
einer Breite von 25 Kilometern, 1 bis 2 Kilometer vorbewegt hat und nun 
im zerschossenen Vorfeld des feindlichen Stellungssystems eingeklemmt liegt. 
Aber Laig darf sich nicht geschlagen bekennen. Er muß angreifen, kämpfen, 
Menschen opfern und Mittel und Wege finden, um sich aus der unerträglichen 
Lage zu befreien. Es gibt kein Zurück, nur ein Vorwärts, er will Flandern 
erobern, was immer es kosten möge. Der englische Generalstab unterzieht 
seine Taktik daher mitten im Feldzug einer Durchsicht, ändert die Kamps¬ 
vorschriften, wartet bis das Wetter festeren Boden schafft und rüstet zu 
neuem Angriff. Laig versucht zunächst in Teilstößen Raum zu gewinnen. 
Er befiehlt Gough sobald als möglich aus der Mitte anzugreifen, wo der 
Boden rascher trocknet, und ruft Lome zum Sturm auf Lens, um sich endlich 
dieses wichtigen Stützpunktes der deutschen Front zu bemächtigen und dadurch 
die Kräfte der Leeresgmppe Rupprecht zu zersplittern. 
Am 10. August versucht Gough in abgekürztem Verfahren Raum zu 
gewinnen. Er erhebt sich plötzlich aus den Gehölzen und stürmt gegen die 
Erdwelle Paschendaele—Becelaere an. Plumer begleitet den Angriff 
durch einen Vorstoß auf Lourhem. Es ist umsonst. Das deutsche Artillerie¬ 
feuer schlägt vernichtend in die englischen Reihen, und als der Angreifer 
die Sperre überwindet und den Verteidiger rückwärts wälzt, gerät er in 
die Feuergarben versteckter Maschinengewehre, die seine Schützenwellen 
fürchterlich zerschlagen. Die Maschinengewehre stecken in „Pillenbüchsen", 
tief in den flandrischen Boden versenkten Betonklötzen, die von todgeweihten 
Besatzungen verteidigt werden, bis ein Volltreffer schwersten Kalibers das 
Gebäude zertrümmert oder eine Mine den feuerspeienden Kern zerbricht. 
Am 15. August ist Lome an der Reihe. Da der Angriff aus dem 
Soucheztal vor Avion liegen geblieben ist, versucht er, Lens diesmal von 
Norden zu umfassen. General Eurrie ballt seine Kanadier zu Sturmkolonnen 
und stößt von Loos über die Nationalstraße vor. Er erobert den 70-Meter- 
Lügel, um den die Engländer in der Septemberschlacht des Jahres 1915 
vergeblich gerungen haben, und dringt in die Vorstädte von Lens ein. Der 
Angriff trifft auf Truppen der Generale v. Kraevel und v. der Borne, die 
von Spreng, und Gasgranaten überschüttet, der Übermacht erliegen und
	        
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