Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

384 Der Feldzug im Osten vom 29. Aug. 1916 bis 23. Nov. 1917 
Am 21. Juli wich der Russe auf der ganzen Front von Kozlow bis 
Brzezany. Am Nordflügel flutete er in wirren Massen zurück, im 
Zentrum und auf dem Südflügel lieferte er hartnäckige Nachhutkämpfe. 
Am 22. Juli schwenkte der Verfolger scharf rechts und überschritt 
die Bahnlinie Nohatyn—Tarnopol, um den ins Laufen gekommenen 
Feind durch unausgesetzten Druck auf die rechte Flanke vollends nach 
Süden aufzurollen. 
Der Rückzug der Russen über den Zbrucz 
Da begann die russische Front bis zum Dnjestr und darüber hinaus 
bis zum Fuß des Waldgebirges zu wanken. Zum ersten Male führte ein 
Durchbruch umnittelbar zur Auflösung einer ganzen, riesenhaft klafternden 
Front. Der Deutsche hatte dem Feind im Stellungskrieg nach vollendeter 
Durchbrechung seiner verschanzten Linien binnen 24 Stunden die Flanke 
abgewonnen und meisterte nun die Bewegung. Wäre es den Österreichern 
geglückt, zu dieser Stunde mit stärkeren Kräften bei Dorna Watra zum An- 
griff anzutreten, stürmend in den Feind zu brechen und durch die Bukowina 
auf Czernowitz vorzudringen, so hätte die große Operation in doppelseitiger 
Umfassung und in der Vernichtung des am Jablonikapaß und bei Solotwina 
verstrickten Feindes gegipfelt. Es kam nicht zu dieser Idealoperation, aber 
die einfache Amfassung genügte, vier russische Armeen zur Preisgabe sämt¬ 
licher Gewinne zu zwingen, die sie vor einem Jahre mit Strömen Blutes 
erkämpft hatten, und sie binnen 14 Tagen aus den Grenzen Galiziens und 
der Bukowina zu verjagen. Der Brand von Jezierna, wo die Brennstoff¬ 
und Munitionslager einer Armee in ungeheueren Entladungen und Rauch- 
massen gen Limmel stoben, war das Fanal dieses großen, letzten Rückzuges 
des russischen Leeres. Was half es, daß um diese Zeit Balujew bei Barano- 
witschi noch einmal in die Gräben der Landwehr brach, Scherbatschew in 
der Moldau Russen und Rumänen zum Angriff führte — es gab keine Ent- 
lastung mehr, denn diesmal war nicht nur eine ganzeLeeresgruppe geschlagen, 
sondern auch der kriegerische Geist des Landes tödlich getroffen. Vergebens 
hielt Kerensty fürchterliche Musterung unter den Generalen und ernannte 
Kornilow zum Generalissimus. 
Die 7. Armee und die 11. Armee flüchteten über den Sereth auf den 
Zbrucz, die 8. Annes stieg eilends von Czarnylas herab, ließ Lalicz und 
Stanislau fahren und stürzte auf Sniatyn zurück, und die 9. Armee räumte 
die Waldkarpathen und suchte aus dem Luzulenland und den Tälern der 
Bukowina gen Czernowitz zu entrinnen. 
Am 23. Juli überschritt der linke Flügel der Angriffsarmeen bei Tarno¬ 
pol den Sereth, Bothmer im Zentrum beiPodhajze den Koropiec und die
	        
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