Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

356 Der Kampf um den Frieden im Jahre 1917 
zutreten. Ludendorff, der in Lomburg nicht nur die militärische, sondern 
auch die politische Domäne beherrschte, war hierüber um so erstaunter, da der 
Vorschlag von der austropolnischen Formel Czernins völlig abwich. Der 
Generalquartiermeister nahm das Angebot nicht ernst, sprach sich aber auf 
das entschiedenste gegen die Abtretung Elsaß-Lothringens aus, in der er 
ein offenes Schwächebekenntnis erblickte. Latte Sonnino in St. Maurienne 
seinen Verbündeten erklärt, jede italienische Regierung, die nicht für die 
Politik der Terra irredenta eintrete, werde vom italienischen Volk weg. 
gefegt werden, so erklärte Ludendorff zu Lomburg den Österreichern, 
jede deutsche Regierung und mit ihr die Oberste Leeresleitung, die die 
Abtretung Elsaß-Lothringens bewilligten, würden vom deutschen Volke 
beseitigt werden. 
Dieses seltsame Zusammentreffen kennzeichnet nicht nur die Auffassung, 
die Sonnino und Ludendorff im Frühling 1917 hegten, sondern auch das 
eigentümliche diplomatische Spiel, in dem sich die Mächte damals bewegten. 
Weder der Italiener noch der Deutsche wußten, daß Kaiser Karl in Paris 
die Lage vorbereitet hatte, in der die Italiener von Frankreich und Eng. 
land und die Deutschen von Osterreich-Angarn, also beide von ihren Ver¬ 
bündeten, zu Verzichten gedrängt wurden. 
Wie Ribot und Lloyd George aus den Savoyer Alpen, so kehrtenKarl 
und Czernin aus dem Taunus unverrichteter Dinge zurück. Ihre Geheim¬ 
politik rächte sich an ihnen selbst. Die Lomburger Zusammenkunft, die von 
Karl gesucht worden war, um Deutschland zu einem günstigen allgemeinen 
Frieden willig zu machen oder sich, wenn dies mißlang, die Bahn zum Ab¬ 
schluß eines Sonderfriedens zu öffnen, war von Poincare, Ribot und Lloyd 
George mißverstanden worden. Die Westmächte, besonders Frankreich, 
erblickten darin einen Versuch Karls, sich wieder enger mit Deutschland zu 
verbinden, und nahmen fortan alle Vermittlungsversuche des Prinzen Sixtus 
mit Mißtrauen auf. Der Kaiser hatte nichts erreicht als die Offenbarung 
seiner Schwäche und die Entente tief in die Klüfte des deutsch-österreichischen 
Bundesverhältnisses hineinblicken lassen. Er tat noch Schlimmeres. Am 
12. April überreichte Czernin seinem Lerrn einen Bericht, der die Lage in 
den düstersten Farben malte und das Ende der Monarchie voraussagte, und 
bat ihn, das Schriftstück Kaiser Wilhelm zuzustellen. Der Bericht geriet 
in unrechte Lände und kam zur Kenntnis Ribots und Lloyd Georges. Da 
die Entente keine Veranlassung hatte, mit einem Staate, der sich selbst aus- 
gab, einen Sonderfrieden zu schließen, sondern einen Vorteil darin sah, wenn 
sich die Selbstzersetzung Österreich-Angarns in einem Bette mit Deutsch¬ 
land vollzog, verloren Karls Friedensbemühungen den letzten Schein des 
Erfolges. Aber er ließ nicht ab, den Frieden auf Nebenwegen zu suchen, 
und mied mehr und mehr dabei die Lilfe und die Aufsicht seines Ministers 
und die Mftwissenschaft seiner Verbündeten.
	        
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