Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Die Reise nach Laxenburg 
353 
daher völlig als Beauftragter des Parlamentes. Er scheut Poincares 
persönliche Politik und die nach royalistischer Propaganda schmeckende 
Vermittlung des bourbonischen Prinzen. Ängstlich verschließt er sich Six- 
tens Eröffnungen, und Karls Briefe wandern in das Archiv des Aus¬ 
wärtigen Amtes. 
Als Kaiser Karl um diese Zeit mit Kaiser Wilhelm in Lomburg zu¬ 
sammentrifft, wird Ribot vollends kopfscheu und meidet den Bourbon und 
das Elysee. 
Da wendet Sixtus sich rasch entschlossen an Lloyd George, der am 
18. April in Paris eintrifft, um sich mit Ribot nach St. Jean de Maurienne 
zu einer Konferenz mit Sonnino zu begeben. Es sind spannungsvolle Tage. 
Sir Douglas Laig hat die Löhen von Vimy erstritten und kämpft um Bulle- 
eourt, Nivelle ringt unter blutigsten Verlusten um den Chemin des Dames, 
und die Italiener — stehen Gewehr bei Fuß. Der brstische Diktator empfängt 
den Prinzen auf der Durchreise und erklärt ihm ohne Amschweife, England 
hege Gefühle alter Freundschaft für Österreich, und wenn Österreich sich von 
Deutschland trennen wolle, so werde man ihm gerne die Land reichen. Frank¬ 
reich hege ähnliche Gefühle, Italien aber werde gegenüber Österreich von 
bitteren Empfindungen beherrscht und wäre zur Ermäßigung seiner An¬ 
sprüche kaum bereit. Da diese Ansprüche in London verbrieft und besiegelt 
wurden, als die Westmächte in Rot waren und von der „Spada 
d’Italia" das 5beil erwarteten, sind sie daran gebunden. Der Engländer 
schließt mit den Worten: „Italy is our ally, we cannot make peace 
without her.“ 
Als der Prinz Österreichs Partei ergreift, fragt ihn Lloyd George, 
ob Österreich nicht etwa das Spiel Deutschlands spiele, und seht hinter die 
Frage das kräftige Wort: „In this case we should shut the door at 
her nose!“ Lloyd George beschränkt sich nicht darauf, in seiner bildkräftigen 
Sprache zu erklären, daß er Österreich in diesem Falle die Türe auf die Rase 
schlagen werde, sondern gibt auch seiner Siegeszuversicht Ausdruck, indem er 
erklärt, in einem Jahre werde man eine Million gutausgerüsteter Amerikaner 
zur Seite haben und Deutschland in Stücke reißen. Er lehnt am Kamin 
des Lotelzimmers und spricht voll beherrschter Leidenschaft: „We will 
strike Gennany to pieces.“ 
Sixtus verläßt den englischen Staatsmann mit der Loffnung, ihn auf 
der Rückreise wieder zu sehen. Lloyd George sichert ihm Verschwiegenheit 
zu und fährt mit Ribot nach Maurienne, um Italien zu kräftigen Anstren¬ 
gungen zu spornen und Sonnino über Italiens Ansprüche und eine Ermäßi¬ 
gung seiner Forderungen auszuforschen, falls Österreich zum Frieden ge¬ 
neigt sei. Da man den Italienern nicht traut, werden sie von den Schrftten 
und Briefen Kaiser Karls nicht unterrichtet, sondern auf Amwegen zur Be¬ 
kanntgabe ihres Standpunktes veranlaßt. 
Stegemanns Geschichte des Krieges IV 23
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.