Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

256 Der Seekrieg vom 24.Febr. 1915 bis 22.Dez. 1916 
Widerstand gegenüber der Kaperung oder die Weigerung anzuhalten, 
hätten dem Führer des 17-Bootes eine Berechtigung gegeben, das Leben 
der Menschen an Bord zu gefährden. 3n diesen Sätzen spiegelte sich wiederum 
die Ablehnung der II-Bootblockade, der Wilson die Prisenordnungen 
aller andern Nationen gegenüberstellte. Die Note schloß mit der Ver¬ 
sicherung, die Vereinigten Staaten könnten nicht zugeben, daß die Ver¬ 
kündung einer Kriegszone als eine Verkürzung von Rechten amerikanischer 
Reeder und Bürger ausgelegt werde. Er ermatte daher, daß die deutsche 
Regierung die notwendigen Maßnahmen ergreife, um diese Grundsätze des 
Rechtes und der Menschlichkeit zu verwirklichen, und bitte um die Zusiche¬ 
rung, daß dies geschehen werde. 
Die deutsche Regierung befand sich in einer peinlichen Lage. Sie 
hatte den verschärften I7-Boothandelskrieg im Sperrgebiet mit innerlichem 
Widerstreben gebilligt, ohne sich über die praktischen Folgen klar zu werden, 
und besaß angesichts der drohenden Verfeindung mit Amerika und der 
wachsenden Entfremdung der Neutralen nicht die Kraft, den einmal be- 
zogenen Standpunkt zu behaupten. Bethmann Lollweg wahtte zwar gegen¬ 
über der Welt das Gesicht, indem er den Notenwechsel — nicht zum Vorteil 
seiner diplomatischen Stellung — fortspann, wirkte indes im stillen dafür, 
daß die Führung des II-Boothandelskrieges abgeschwächt wurde. 
Am 6. Juni 1915 erging der Befehl an die Flotte, keine großen Passa¬ 
gierdampfer, und zwar auch keine feindlichen mehr, anzugreifen. Aber auch 
diese Einschränkung war nur ein Palliativmittel, durch das der Ausbruch 
der schleichenden Krisis nicht verhütet werden konnte, denn die Vereinigten 
Staaten verließen den Standpunkt, daß der 17-Boothandelskrieg im 
Rahmen des Kreuzerkrieges gefühtt werden müsse, mitnichten, sondern 
befestigten ihn, um die deutsche Seekriegführung in Schach zu halten. Da 
die deutsche Regierung die Lage weder durch völlige Annahme, noch durch 
entschiedene Ablehnung der amerikanischen Forderungen zu klären wagte, 
verschlechterte sich das diplomatische Spiel zuungunsten Deutschlands von 
Note zu Note. Bethmann gewann Zeit, schwächte aber seine Stellung so 
sehr, daß er an die rücksichtslose Durchführung der Blockade Englands 
nicht mehr denken konnte. 
Als Wilson am 23. Juli die deutsche Regierung darauf festlegte, daß 
sie die Gesetzwidrigkeit ihrer Handlungsweise zugegeben habe, indem sie zu 
ihrer Rechtfettigung das Recht der Vergeltung anführe, und schroff er¬ 
klärte, daß die Regierung der Vereinigten Staaten eine Wiederholung 
solcher Wandlungen, falls amerikanische Bürger dadurch gettoffen würden, 
als vorsätzlich unerfreuliche Akte betrachten müsse, ließ Bethmann die Feder 
sinken. Er fühlte sich von wachsender innerer Ansicherheit beherrscht, fürchttte 
mit Recht den Einttitt Amerikas in den Ring der Gegner und gab das 
Spiel verloren.
	        
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