Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Deutschlands Seestrategie im Vorfrühling 1915 
die Beherrschung der Meere hatte England in Stand gesetzt, die 
V 4- gewaltige Kriegsmacht auszurüsten, nach Frankreich zu senden und 
zu unterhalten, die im Juli 1916 an der Somme zum erstenmal zu metho» 
dischem Angriff schritt. Je länger der Krieg dauerte, je mehr er auf die 
Zermürbung der Widerstandskraft des ganzen deutschen Volkes ausging, 
desto wichtiger wurde für das Inselreich die Beherrschung der See und die 
Sicherung des eigenen Unterhaltes. England rang nicht nur um den Sieg 
über seinen größten Nebenbuhler auf dem Weltmarkt, sondern auch um 
die Erhaltung seiner eigenen, von diesem Siege abhängigen Welthegemonie. 
War England auch genötigt worden, sein Gewicht zu Lande in unerhöttem 
Umfang in die Wagschale zu werfen, so blieb doch die Blockade, die völlige 
Aushungerung Deutschlands an Lebensmitteln und Rohstoffen, das eigent¬ 
liche und das wichtigste Ziel der englischen Kriegführung. Daran hieb 
England unverbrüchlich fest, darin ließ es sich durch keine Rücksichten auf 
die Rechte der Neutralen, durch keine Anstrengungen der Kriegführung 
zu Lande irre machen. Es löste diese Aufgabe, ohne seine Flotte aufs Spiel 
zu setzen, und lieferte damit einen Beweis für die innige Durchdringung 
von Politik und Strategie, die in seinen Plänen waltete. 
Als Deutschland im Februar 1915 die von England verhängte Völker- 
rechtswidrige Blockade der Nordsee durch die Erklärung beantwortete, daß 
es die britischen Gewässer und den Kanal als Kriegsgebiet betrachte, und 
neutrale Schiffe vor deren Befahrung warnte, tat es zögernd und unsicher 
den ersten Schritt, Gleiches mit Gleichem zu vergelten und dem Inselfeind die 
Zufuhr abzuschneiden. Der Versuch traf auf den Einspruch der Vereinigten 
Staaten, die dieser Erklärung die Anerkennung versagten. Der Einspruch 
Wilsons tat in Berlin um so größere Wirkung, als man sich im Schoße 
der Reichsregierung rmr mit innerem Widerstreben zu der Aufnahme des 
Handelskrieges unter Wasser entschlossen hatte. Da Bethmann Hollwegs 
Politik darauf gerichtet war, mit England Frieden zu schließen und dmch 
England oder die Vereinigten Staaten zur Beendigung des Krieges zu ge¬ 
langen, war er mit seiner eigenen Politik in einen unlöslichen Widerspruch 
geraten, als er von der Bedrohung zur Tat schritt und im Februar 1915 
den I7-Bootkrieg in beschränktem Amfang eröffnete. Die deutsche Marine 
ging mit Eifer an die Ausführung der erwünschten Befehle, sah sich aber 
vor eine Aufgabe gestellt, die den Charakter eines unberechenbaren Versuches 
hatte, und mit den vorhandenen Mitteln überhaupt nicht gelöst werden 
konnte. Die deutsche Kriegführung zur See verstrickte sich dadurch noch tiefer 
in Ansicherheiten und lief noch größere Gefahr, sich zu zersplittern, als bisher.
	        
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