Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Die Schlacht bei Verdun 
239 
Besitz. In Fleury gewann der Franzose Boden und eroberte die Dorfstätte 
am 17. August zuriick. Der Deutsche wich wenige Schritte über die Straße 
und stürzte sich am 3. September plötzlich auf die Waldschluchten und Stein¬ 
brüche, die Fort Souville deckten. Er entriß dem Gegner eine wichtige Stel¬ 
lung, aber die Verkämpfung wurde dadurch nur noch größer. Weder der 
Franzose noch der Deutsche konnte dauernd darin verharren. Man sann 
auf gewaltsame Befreiung aus der schweren taktischen Verklammerung. 
Der Franzose, der keinen Schritt mehr auf die Kernfeste weichen durfte, 
ohne die Maashöhen preiszugeben, konnte die Lösung nur in einem Sprunge 
nach vorn suchen. Der Deutsche, der im Trichterfeld hart vor den festesten 
Werken des Verteidigers lag und auf keine Verstärkungen zur Durchführung 
des schweren Angriffs mehr zählen konnte, war eher in der Lage, Boden 
preiszugeben, aber die Eroberung der Panzerfesten Douaumont und Vaux 
verpflichtete die Deutschen, vor Souville und Tavannes standzuhalten, denn 
die Forts bedurften eines größeren Vorfeldes. Wich er, so mußte er die 
Folgerungen aus der festgeratenen Schlacht und der allgemeinen Lage 
ziehen, und rechts der Maas auf die Linie Chambrettes—Bezonvaux, links 
über den Forgesgrund zurückgehen. Zu diesem Abbau des Unternehmens 
war während des Dranges der Sommeschlacht und des Feldzuges in Ru¬ 
mänien weder Rat, noch Zeit, noch Gelegenheit. 
Als Lindenburg und Ludendorff ins Amt traten, befahlen sie zwar, 
den Angriff einzustellen und sich auf örtliche Kampfhandlungen zu beschränken, 
aber sie konnten angesichts der beklemmenden Gesamtlage für die 8. Armee 
nichts tun und mußten sie ihrem eigenen Glück und Stern überlassen. 
Man faßte indes die Abflachung der Keilstellung von St.Mihiel ins Auge, 
derenFesthalten keinen Zweck mehr hatte, und beschloß, zwischen Les Esparges 
und Flirey eine Riegelstellung zu bauen. Da zum Bau und zur Bestückung 
der neuen Linie Gerät und Kräfte fehlten, blieb auch dies noch in der Schwebe. 
Verdun ward in den Hintergrund gedrängt. Hier lag's als ungelöstes Pro¬ 
blem unheilbrütend gebettet. 
Dem Mann im Graben kamen diese quälenden Sorgen nicht zum Be¬ 
wußtsein. Er hartte, vom Erfolg des 3. September getragen, trotzig im 
Trichtergelände aus, das sich von den Nordhängen des Douaumont und den 
Schluchten des Vauxberges bis in die Woevre zog und, von faulendem 
Wasser und Verwesungsdünsten geschwängert, den Grabenkämpfern zur 
fürchterlichsten Wohnung wurde. Die französische Attillerie hielt alle Ver¬ 
bindungswege unter Feuer und wühlte die tausendfältig gepflügte Erde 
immer wieder um. Täglich sprangen neue Erdtrichter auf, schlug weit¬ 
reichendes Geschütz in die deutschen Lager. Trostlose öde umgab die deutschen 
Bataillone, die die Kampftinie auf den Maashöhen besetzt hielten. Melde¬ 
gänger, Essenträger, Ablösungen, die in dunkeln Nächten durch die Todes¬ 
schluchten nach vorn schlichen, fielen zu Hunderten unter dem Eisenhagel
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.