Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

148 
Der Feldzug in Rumänien vom 28. Aug. 1916 bis 19. Jan 
1917 
Chef des Generalstabes war General Jliescu. Nicht weniger als 600 000 
Mann stark und wohlversehen mit leichter und schwerer Artillerie gingen 
die Rumänen in den Kampf, den sie zu gewinnen trachteten, ehe die Ernte 
in der Walachei und in den Tälern Angarns unter der Sichel siel. 
Der Feldzugsplan der Rumänen rechnete mit festen Größen und be- 
kannten Verhältnissen. Doch als es galt, ihn auf die Räder zu setzen und 
mit Blitzesschnelle in die Tat umzuwandeln, ließen ihre Generale es an Ent- 
schlußkraft und Kühnheit fehlen. Schwerfällig schoben sich die Angriffs- 
armeen zur Aberwindung der Transsylvanischen Alpen zurecht. Trotzdem 
gewannen sie in wenigen Tagen in Siebenbürgen so viel Raum, daß sie sich 
zwischen der Goldenen Bistritz und der Donau auf breitester Front zum 
Vormarsch entwickeln konnten. Angehindert traten sie aus der Befestigungs- 
zone heraus, die sie auf den Paßhöhen angelegt und seit dem Beginn des 
Weltkrieges zu einem tiefgestaffelten System von Arüllerie- und Infanterie- 
werken ausgebaut hatten. Von reichen Niederschlägen befruchtet, dehnte 
sich das Burzenland vor den Augen der rumänischen Leerscharen und schlug 
seine Täler, seine Lügel und Wälder im Glanze der Spätsommersonne vor 
ihnen auf. Die Straßen lagen offen, die Bahnhöfe verlassen, nur hie und da 
knallten ein paar Flintenschüsse, sah man kleine Laufen ungarischer Grenz, 
jäger und österreichischen Landsturms nach der Sprengung von Brücken und 
Tunnelbauten ins Marostal und über den rauschenden Altfluß nach Norden 
und Westen abziehen. 
Die Becken von Kronstadt, Lermannstadt und Petroseny luden zum 
Einmarsch. Verlorene Brände steckengebliebener österreichischer Proviant- 
züge und hastig angezündeter Kornspeicher zeugten von der Eile, mit der 
die Grenzwacht des Verteidigers wich. Aber als die Rumänen im Gyergyo- 
gebirge, an den Kronstädter Paßausgängen, in der Altklamm bei Lermann- 
stadt, an den Nordflanken des Szurduk- und des Vulkanpasses, vor dem 
Kohlenbecken von Petroseny und bei Orsova an den Czernaufern sorglos 
zu Tal steigen wollten, trafen sie unversehens auf einzelne Batterien und 
Bataillone, die ihre Vorhuten in den Waldschluchten mit Feuer empfingen 
und rasch zum Stehen brachten. Einen Augenblick stockte der rumänische 
Vormarsch auf der ganzen Linie. Dann spülte der Andrang der rumänischen 
Flut die Verteidiger hinweg. Von allen Seiten umfaßt und umgangen, 
zogen sie sich am 29. und 30. August über Csik-Szerada, Kronstadt, Fogaras, 
Lermannstadt und Petroseny gegen Schäßburg und Karlsburg zurück. 
Die große Talfurche am West- und Nordhang der Transsylvanischen Alpen, 
durch die der Marosfluß und der Altfluß, voneinander abgewendet, ihren 
Weg aus dem Bergen- und Burgenland in die Ebenen suchen, fiel in ru¬ 
mänische Land. Am 1. September wichen die Österreicher auch bei Orsova 
auf das Westufer des Czerna zurück. Am 2. September wechselten deutsche 
und österreichische Flankenhuten an der Goldenen Bistritz die ersten Schüsse
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.