Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Vierter Band. (4 ; 1921)

Von Falkenhayn zu Lindenburg und Ludendorff 137 
Als um dieselbe Zeit bekannt wurde, daß Enver-Pascha ein türkisches 
Korps von Gallipoli nach Galizien gesandt hatte, um Österreichs wankende 
Front zu stützen, wurde die furchtbare Zwangslage der Mittelmächte vor 
aller Welt offenbar. In die Verteidigung gedrängt, fochten sie auf den 
Außenwällen mit schwindenden Kräften um Lalt und Leben. 
Die Stunde Rumäniens war gekommen. 
Von Falkenhayn zu Lindenburg und Ludendorff 
Am 27. August verlangte Generalleumant v. Cramon, der als bevoll- 
mächtigter deutscher General beim k. und k. Armeeoberkommando in Teschen 
weilte, Fernsprechverbindung mit Pleß und meldete dem Chef des General¬ 
stabes, General v. Falkenhayn, Rumänien hätte soeben an Osterreich-Angarn 
den Krieg erklärt. Falkenhayn traute seinen Ohren nicht und ließ sich 
die Meldung wiederholen. Er hatte nicht bestimmt an ein Eingreifen 
Rumäniens geglaubt und sich für den Fall, daß der Rumäne wirklich das 
Schwert ziehen werde, den Gedanken zurechtgelegt, der Rumäne werde 
erst im Oktober losschlagen, wenn er seine Ernte geborgen habe. Erst als 
Cramon auf der Richtigkeit seiner Angaben beharrte, leitete Falkenhayn 
die Nachricht an Kaiser Wilhelm weiter. 
Kaiser Wilhelm, der den dynastischen Vertrag, den er einst mit Kaiser 
Franz Joseph und König Karol geschlossen hatte, als eine ewige Bindung 
betrachtete, verlor angesichts dieser Kunde das wankend gewordene Ver¬ 
trauen zu seinem militärischen Berater und rief in der Stunde äußerster 
Not, als die Teilkrisen zur allgemeinen Krisis reiften, nach dem fast ver¬ 
gessenen Lindenburg. 
Am 28. August flog der Befehl an Lindenburg und Ludendorff, sofort 
nach Pleß zu kommen. 
Das Duumvirat des Ostens hatte Kowno erst vor Monatsfrist ver- 
lassen und sich in der Zitadelle der Brandstätte von Brest-Litowsk eingerichtet, 
um von hier aus die Operationen des erweiterten Befehlsbereiches vom 
Baltischen Meer bis zu den Sereth- und Bugquellen zu leiten. Lier erreichte 
rs der kaiserliche Befehl, aus dem die Not der Stunde lauter schrie als aus 
dem Gebrüll der Schlachten, die an der Somme, vor Verdun, am Wardar, 
am Dnjestr und auf den Karpathen wüteten. 
Am Tage daraufvollzog sich in Pleß der entscheidendeWechsel. Linden- 
bürg wurde zum Chef des Generalstabes des Feldheeres ernannt. Luden- 
vorff ihm als erster Generalquartiermeister zur Seite gesetzt. Ludendorff 
ließ sich die volle Verantwortung für alle zu fassenden Entschließungen und 
Maßnahmen zusichern. Von diesem Tage an trat die genialische Persön- 
lichkeit des Generals Erich Ludendorff aus dem Lalbdunkel, in das mili-
	        
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