Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

58 Der Seekrieg vom 2. August 1914 bis 24. Februar 1915 
scheu Panzerkreuzer. Am Cradock wieder vom Lande abzudrängen, fuhr 
Spee mit äußerster Kraft. Er hielt sich zugleich etwa vier Striche an Steuer¬ 
bord, damit er nicht in die Leestellung gedrängt wurde. Am 1/26 Ahr hatte 
„Scharnhorst" genügend Raum gewonnen und den Briten den Weg nach 
Eoronel verlegt. Der Admiral ließ die Fahrt vermindern und zog „Gnei- 
senau" und „Leipzig" dadurch wieder näher heran. Am 6 Ahr war „Dresden" 
noch eine Seemeile entfernt, „Nürnberg" dagegen noch weit zurück. Nun 
konnte die Schlacht jeden Augenblick beginnen. 
Die Briten waren zum Kampf entschlossen. Sie zogen in schönen 
Abständen durchs Wasser, stampften schwer, waren aber trotz der über die 
Back stürzenden See und der hochlaufenden Dünung bereit, das Gefecht 
aufzunehmen. Admiral v. Spee beschloß, ihnen den ersten Schuß abzu¬ 
gewinnen. Er eröffnete auf 12400 Meter das Feuer aus den Turm- 
geschützen und deckte „Good Lope" und „Monmouth" schon mit der 
dritten Salve ein. Nach wenigen Minuten wurde das Gefecht allgemein. 
„Scharnhorst" schoß auf „Good Lope", „Gneisenau" auf „Monmouth", 
„Leipzig" auf „Glasgow" und „Dresden" auf „Otranto". Solange die 
Sonne noch über dem Lorizont stand und die deutschen Schiffe be¬ 
schien, waren die englischen Kanoniere im Vorteil. Als das Tages¬ 
gestirn in die Wogen tauchte, verschwamme» die Amrisse der Deutschen im 
Zwielicht auf dem grauen Hintergründe des hohen Landes, während die 
Schattenrisse der Engländer sich schwarz und scharfgeschnitten vom glühenden 
Abendhimmel abhoben. Das wurde Cradock zum Verhängnis. Salve auf 
Salve schlug auf den britischen Panzerkreuzern ein. Ansicher schossen sie 
zurück. Rauch und Flammen stoben von „Good Lope", „Monmouth" 
begann zu sacken. „Otranto" schor nach den ersten Treffern in das split¬ 
ternde Promenadendeck aus und lief auf Befehl des Admirals davon. 
Als die Dunkelheit einbrach, waren die englischen Panzerkreuzer schon so 
zerschossen, daß der britische Admiral sein Geschwader auflöste. Er unter¬ 
richtete das Linienschiff „Canopus" durch Funkzeichen vom Stand der 
Schlacht und befahl „Glasgow", sich zu „Canopus" zu retten. Der kleine 
Kreuzer „Glasgow", der trotz seiner 4900 Tonnen Verdräng und seiner 
stärkeren Bestückung von „Leipzig" in Schach gehalten worden war, stieß 
alsbald mit äußerster Kraft nach Süden und entrann. An den schwerver¬ 
wundeten Panzerkreuzern vorbei, die das Gefecht mit wehenden Flaggen 
fortsetzten, lief er, dem Befehl des Admirals gehorchend, in die dämmernde 
Nacht, um sich mit „Canopus" zu vereinigen und den Rückweg ums Kap 
Loorn zu suchen. 
„Canopus" konnte das Schicksal nicht mehr wenden, das vernichtend 
über Cradocks große Kampfschiffe hereinbrach. Die deutsche Artillerie 
schoß trotz des schweren Seegangs, trotz auftommender Regenböen und 
einfallender Finsternis mit verblüffender Sicherheit. „Good Lope" und
	        
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