Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

50 Der Seekrieg vom 2. August 1914 bis 24. Februar 1915 
tauchte „Emdens" Schattenriß in die früh aufgehende Sonne, so schlug man 
auf der Station Lärm und sandte den Lilferuf in die Welt, der von Silver 
aufgefangen wurde. Kurz darauf fiel der Funkenturm unter den Beilen der 
Emdenleute. Die Zerstörung der Kabel war noch nicht vollendet, als der 
Kreuzer „Sidney" am Lorizont erschien. Auch Kapitän v. Müller war auf 
der Lut. Er warnte Mücke durch den Ruf der Schiffsfirene, wartete aber 
seine Rückkehr nicht ab, sondern lief „Sidney" rasch gefaßt entgegen, um 
nicht zwischen den Korallenklippen manövrieren zu müssen und ans Land 
gedrückt zu werden. Mit flatternden Gefechtsflaggen stieß „Emden" zum 
klassischen Zweikampf in die hohe See. Es war ein ungleicher Kampf, 
„Sidney" größer, stärker und schneller und „Emden" außerdem noch eines 
Siebentels der Mannschaft beraubt. Da der Australier über das schwerere 
Geschütz und die stärkere Panzerung verfügte, suchte „Emden" ihm im ersten 
Angriff dicht auf den Leib zu rücken und zuerst zum Schuß zu kommen. 
An: 9 Ahr 40 Minuten schlug „Emdens" erste Granate auf „Sidney" ein, 
drei Salven sprühten über Deck und Turm. Aber das schwere englische Ge¬ 
schütz gewann trotzdem bald die Oberhand. „Sidneys" Feuer brachte den 
ersten Schornstein und den Vormast „Emdens" zu Fall, setzte das Hinter¬ 
schiff in Brand und beschädigte das Ruder. Auch der zweite und dritte 
Kamin wurden weggeschossen, die Aufbauten zerstört und die Besatzung rasch 
gelichtet. Ein Versuch Müllers, das aus allen Fugen qualmende Schiff 
noch zum Torpedoangriff vorzureißen, mißlang. Da drehte der Kapitän den 
wrackgeschossenen Kreuzer vom Feinde ab und setzte ihn mit der letzten 
Maschinenkraft am Südufer der nordöstlichen Kokosinsel auf die Klippen. 
„Sidney" sandte ihm noch ein paar Lagen zu und griff dann ein zweites 
Schiff an, das am nördlichen Lorizont aufgetaucht war. Es entpuppte sich 
als „Emdens" Begleitdampfer „Buresk" und wurde von der Mannschaft 
versenkt, bevor der Feind an Bord stieg. Run wandte Glossop sich noch 
einmal dem alten Gegner zu. Als er sich „Emden" näherte, lag der deutsche 
Kreuzer ohnmächtig auf den Klippen. Wild lies die Brandung über das 
Wrack, auf dem keine Spiere mehr stand und keine Kanone mehr sprechen 
konnte. „Sidney" forderte den Feind zur Äbergabe auf. Da keine Ant¬ 
wort erfolgte — die Zeichen waren nicht verstanden worden —, löste Glossop 
noch ein paar Schüsse. Erst als ein weißes Tuch über der zerschmetterten 
Bordwand erschien, stellte der Australier das Feuer ein und machte sich 
daran, dem wehrlosen Feind zu helfen. Kapitän v. Müller und der Rest der 
Besatzung begaben sich in ehrenvolle Gefangenschaft. 
Anterdessen hatte Leutnant v. Mücke sich des alten Schoners „Ayesha" 
bemächtigt, der abgetakelt im Lasen der Stationsinsel lag, und war mit 
dem verwahrlosten 97-Tonnen-Schiff, 50 Mann und 4 Maschinengewehren 
in See gegangen, um dem Feind nicht in die Lände zu fallen. Es gelang 
den Emdenleuten, „Sidney" zu entrinnen und sich nach Sumatra durch-
	        
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