Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

46 Der Seekrieg vom 2. August 1914 bis 24. Februar 1915 
Die Taten des Kreuzers „Emden" 
Der deutsche Admiral hatte sich entschlossen, seine Kräfte zusammen- 
zuhalten, und ließ nur den Kreuzer „Emden" frei. 
Korvettenkapitän v. Müller hatte den Admiral gebeten, ihn zum 
Kreuzerkrieg in die indischen Gewässer zu entsenden. Als der 14. August 
tagte, erhielt er den Befehl: „Emden entlassen, wünsche guten Erfolg!" 
In einem schönen Bogen schor der Kreuzer aus der Kiellinie, riß ein Dank¬ 
signal empor, rief den Troßdampfer „Markomannia" zu sich und löste sein 
Schicksal von dem des Geschwaders. Der Kreuzer „Emden", ein Schiff 
von 3650 Tonnen, leicht gepanzert und mit zehn Geschützen zu 10,5 Zenti¬ 
meter Kaliber bestückt, ging mit einer Geschwindigkeit von 24 Seemeilen 
durch das Wasser. Nur durch den elettrischen Funken mit der Welt ver¬ 
bunden, begab er sich auf die Jagd, um Englands überseeischen Lande! an 
der empfindlichsten Stelle zu treffen. 
Am 10. September tauchte „Emden" im Golf von Bengalen auf und 
legte sich auf den Dampferweg Ceylon—Kalkutta. Kaum war das geschehen, 
so geriet der Schiffsverkehr des ganzen britischen und französischen Lerr- 
schaftsgebietes der östlichen Lemisphäre in Verwirrung. Binnen wenigen 
Tagen nahm und versenkte „Emden" sechs wertvolle feindliche Dampfer 
und sandte Besatzung und Fahrgäste mit dem siebenten nach Kalkutta. Am 
Abend des 18. September erschien „Emden" auf der Reede von Madras 
und schoß die Petroleumtürme der Birmanischen Ölkompagnie in Brand. 
Die Lagen der Küstenbatterien, die zu spät zum Feuern kamen, schlugen ohn- 
mächtig hinter dem enteilenden Kreuzer ins Wasser. Der Brand der Öl¬ 
behälter schreckte die indische Schifffahrt noch tiefer in ihre Läsen. Kurz 
darauf tauchte der Korsar vor Ceylon auf, versentte in vier Tagen vier Schiffe 
und sandte Besatzungen und Fahrgäste mit dem fünften nach Colombo. 
Nun geriet die britische Admiralität in Bewegung. Sie rief alle Kriegs¬ 
schiffe, die ihr zwischen Singapur und Aden zur Verfügung standen, zur 
Treibjagd, und bot sogar Russen und Franzosen auf, um des „Schreckens 
der indischen Meere" habhaft zu werden. Aber „Emden" war plötzlich 
verschwunden. Die indische See lag wieder in friedlicher Stille . . . 
Am 10. Ott ober fährt ein Kriegsschiff in das Atoll der Koralleninsel 
Diego Garcia ein. Das kleine, weltverlorene Eiland gehört zur britischen 
Chagosgruppe, die nur alle drei Monate von einem Dampfer angelaufen 
wird. Man weiß dort nichts vom Kriege und empfängt das Schiff, das die 
deutsche Flagge trägt, sehr freundlich. Es ist der kleine Kreuzer „Emden", 
der nach der Aussage seines Kapitäns „mit der britischen Flotte manövriert". 
Er reinigt in Diego Garcia Kessel und Kiel, nimmt Kohlen ein und verläßt 
nach wenigen Tagen das palmenumkränzte Eiland, um — seine Manöver 
mit der britischen Flotte fortzusetzen.
	        
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