Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Dritter Band. (3 ; 1919)

" 
Die Schlacht an der Kolubara 443 
sammelte Feldmarschalleutnant v. Tamasy bei Semlin neun Bataillone und 
setzte in der ersten Dezembernacht unangefochten über den Savestrom. Die 
Serben hatten ihre Hauptstadt geräumt und waren gen Süden abgezogen. 
Am 2. Dezember drangen Franks und Tamasys Spitzen von Norden und 
Westen in die Stadt, und am 3. Dezember hielt General v. Frank seinen 
Einzug in den verlassenen Konak. Der österreichische Doppeladler wehte über 
Belgrad, in Wien und Pest klang das Lied vom Prinzen Eugen, Österreich- 
Angarns serbischer Feldzug schien siegreicher Vollendung nahe. 
Im Feldlager Potioreks dachte man nicht anders als in Wien, doch 
verschloß sich der Feldzeugmeister der Einsicht nicht, daß er den Feind zwar 
zur Preisgabe der Macva, der Drinalinie, des Passes von Azice, des 
Kolubara—Ljigabschnittes und Belgrads gezwungen, ihn aber nicht von 
seiner Rückzugslinie abgeschnitten, sondern auf seine Kraftquellen zurück¬ 
geworfen hatte. Die letzte Entscheidung war noch nicht gefallen. Cs bedurfte 
einer neuen, richtiger ausgedrückt, der völligen Durchkämpfung der immer 
noch tobenden Schlacht, um Arangjelovac und Kragujevac zu nehmen, 
die Pforten der Moravatäler einzustoßen und den Feldzug durch eine letzte 
Schlacht zu krönen. Zu diesem Zwecke dehnte Potiorek, aller Regeln und 
jeder Vorsicht spottend, seinen linken Flügel noch weiter nach Nordosten 
aus, indem er die Syrmier und die 5. Armee vorstaffelte und rechts schwenken 
ließ, um den Serben in den Rücken zu kommen und Arangjelovac von 
Norden anzugreifen. Man war sich im österreichisch-ungarischen Lager der 
Schwierigkeiten wohl bewußt, die ein solches Manöver bot, überschätzte aber 
die Wirkung der über den Gegner davongetragenen Erfolge und wähnte 
ihn entkräftet, mutlos und nur noch zur Abwehr fähig, jedoch nicht imstande, 
die kühne Frontveränderung und den doppelten Aufmarsch zum umfassend 
gedachten Angriff durch einen Gegenangriff aus seiner Zentralstellung zu 
stören. Dabei litt man selbst schwere Not und wußte hinter sich ein ver¬ 
wüstetes Land, in dem noch keine Eisenbahn lief, keine Leerstraße mündete, 
noch keine Rochadelinie die geplante seitliche Verschiebung erleichterte. 
Obwohl Potiorek, durch die hochgeschwellten Wasserläufe der Save und 
Drina und ein 100 Kilometer breites Gebirge von seiner Grundstellung ge¬ 
schieden war, stellte er seine Sache keck auf den Endsieg und ging daran, 
diesen binnen wenigen Tagen zu erfechten, um Österreich-Llngarns Süd- 
fianke freizumachen, Serbien und Montenegro aus dem Felde zu schlagen und 
zur Unterwerfung zu zwingen. 
Potiorek duldete keinen Einspruch. Er dachte nicht daran, seine Armee 
rückwärts zu sammeln, Belgrad gen Süden zu befestigen und sich mit dem 
Besitz des Belgrader Berglandes und der Macva zu bescheiden, sondern 
befahl der 6. Armee, den Angriff im Gebirge fortzusetzen, um der 5. Armee 
die Verschiebung nach Norden und den Aufmarsch zum Angriff auf die 
Nordflanke des serbischen Leeres zu ermöglichen. So kam es, daß die
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.